Jüdische Kulturtage Rhein-Ruhr 2019
4. April 2019 | Von Stuckstaette | Kategorie: Aktuelles, Neusser KulturZuhause – Jüdisch. Heute. Hier.
Die Jüdischen Kulturtage, die noch bis zum 13. April laufen, geben Einblicke in jüdisches Leben und präsentieren zeitgenössische jüdische Kunst und Kultur. 2002 wurden sie ins Leben gerufen. Seit Beginn an, zum fünften Mal, ist Neuss dabei. 19 Veranstaltungen werden in der Quirinusstadt aus unterschiedlichen Kultursparten angeboten, von der Bildenden Kunst über Lesungen bis hin zum Film. Mit im Boot sind u.a. das Romaneum, das Clemens Sels Museum, das Stadtarchiv ebenso wie das Kulturforum Alte Post und das Theater am Schlachthof. Die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr sind mit insgesamt 220 Events an 126 Veranstaltungsorten in 15 beteiligten Städten das größte Festival jüdischer Kultur in Deutschland.
1933 lebten in Neuss 227 Menschen jüdischen Glaubens. 49 davon flüchteten rechtzeitig, die anderen blieben. Sie wurden deportiert und ermordet. Im November 1942 gab es in Neuss keinen jüdischen Bürger mehr.
Soweit die Fakten, das Leid dieser Menschen ein unbeschreibliches. Heute bleibt die Erinnerung. Ein Muss in unserer Gesellschaft. Genauso wie Zusammenhalt. Kinder, Enkel und Großenkel leben in einer anderen Welt. Von dieser erzählen die Jüdischen Kulturtage. Aber auch von Einflüssen der Vergangenheit. Denn die Geschichte ist ein Teil jüdisch stämmiger Menschen und Künstler, genauso wie ihre Unabhängigkeit.
Vor 17 Jahren wurden die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr ins Leben gerufen. Ein Kunst- und Kulturfestival, das mittlerweile zum festen Festivalprogramm Nordrhein-Westfalens zählt und neue Impulse ins Land setzt. Die Federführung des Festivals liegt beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und geschieht in Zusammenarbeit mit 15 Städten der Regionen Rheinland, Ruhrgebiet und Bergisches Land. Aachen, Bonn, Duisburg, Düsseldorf, Eitorf, Essen, Kleve (Kreis), Krefeld, Köln, Leverkusen, Mönchengladbach, Rödingen, Solingen, Wuppertal – und Neuss bestücken das Festival.
Neue Impulse – aufbrechende Denkmuster
Wie prägt das Judentum die deutsche Kultur? Was wird es morgen dazu beitragen? – Das sind die Fragen, die die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr 2019 unter dem Titel „Zuhause – Jüdisch. Heute. Hier.“ thematisieren. Vierzehn Tage lang werden Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerte, Lesungen und Begegnungsprojekte angeboten. Werke jüdischer und nicht-jüdischer Maler, Komponisten und Autoren werden zu sehen und zu hören sein. Alle von ihnen leben oder lebten in NRW oder haben einen besonderen Bezug zu diesem Land.
Neue Impulse und Ideen hervorbringen, vorhandene Denkmuster aufbrechen – all das können und sollen die explizit jüdischen Perspektiven auf die Kultur der Region anstoßen. Die Kulturtage schaffen dafür einen Rahmen. Sie ergänzen damit den Gesamtblick auf die Vielfalt unserer Kultur und deren Wurzeln, die weit in die deutsch-jüdische Geschichte Europas hineinreichen.
Das Programm ist weit gesteckt. In Neuss zeigt u.a. das Hitch Kino am 6. April um 16 Uhr den Film „Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“. Eine Dokumentation über die Österreicherin, die in den 1940er-Jahren zum Hollywood-Star aufstieg. Während sie als Schauspielschönheit weltweit bekannt war, geriet in Vergessenheit, dass die als Hedwig Eva Maria Kiesler geborene österreichische Jüdin auch eine geniale Erfinderin war.
Porträts von Avraham Eilat
Vom 17.3. bis 28.4. präsentiert das Kulturforum Alte Post Bildende Kunst von Avraham Eilat. Die Ausstellung „People I Met” zeigt Porträtfotos des bekannten israelischen Künstlers aus den letzten 30 Jahren. Eine „bunte Mischung“ von Menschen, sowohl aus Israel als auch aus Deutschland; insbesondere aus Düsseldorf und Neuss. Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Stadtmuseum Düsseldorf entstanden. Der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten montags bis freitags von 9:00 bis 17:00 Uhr und samstags und sonntags von 12:00 bis 18:00 Uhr.
Unter dem Titel „Bauen im Rheinland und in Palästina“ gewährt das Romaneum vom 12.3. bis 18.4. Einblicke in die Arbeit Josef Rings und Erich Mendelsohn. Die Architekten stehen beispielhaft als Vertreter der architektonischen Moderne in Deutschland und später im Exil in Palästina. Ihre Lebenswege und beruflichen Karrieren geben Einblick in die Vielgestaltigkeit des 20. Jahrhunderts. Eintritt frei. Öffnungszeiten montags bis freitags von 8:00 bis 21:30 Uhr sowie samstags und sonntags von 8:15 bis 18:00 Uhr.
Am 11. April liest Adriana Altaras in der Stadtbibliothek Neuss aus ihrem Roman ‚Die jüdische Souffleuse‘. Mit viel Witz und hinreißender Tragikomik wird die Geschichte von Adriana, der Regisseurin, und Sissele, der Souffleuse, erzählt, die sich nach anfänglichem Zögern auf die abenteuerliche Suche nach ihren verschollen geglaubten Verwandten begeben. Um 19:30 Uhr geht es los. Eintritt 8 Euro an der Abendkasse.
Im Vordergrund der 5. Ausgabe der Jüdischen Kulturtage steht die Präsentation lebendiger jüdischer Kultur und der Gemeinschaft. Ohne die Vergangenheit zu vergessen, wird nach vorne in die Zukunft geschaut. Ein Blick auf ein Zuhause. Jüdische Kultur ist in der deutschen Gesellschaft angekommen. Mit dem Ziel, ein Zuhause gemeinsam zu gestalten, einzurichten und – hoffentlich – nicht mehr verlassen zu müssen.
(Das gesamte Programm unter: www.juedische-kulturtage.de)