Interkulturelle Musik eines Freigeistes
2. Mai 2018 | Von Stuckstaette | Kategorie: Aktuelles, Neusser KulturIndische Klänge mit den Eastern Flowers in der Jazz-Reihe „Blue in Green“: Stücke mit Namen wie „Tavi Swaram“, „Jabi Tala“ oder „Mallari“ lassen vermuten, dass sich hier was Fernes in den Jazz mischt. Ein Tonkrug, den man Ghatam nennt und eine Maultrommel, die Morsing heißt, bekräftigen die Annahme. Denn was am 3. Mai im Kulturforum Alte Post geboten wird, ist avantgardistischer Forscherdrang mit interkulturellem Anspruch – aus Indian. „Eastern Flowers heißt das Trio um Jarry Singla, das als drittes Gastensemble in der diesjährigen Blue in Green-Jazzreihe auf der Bühne steht.
2009 rief der deutsch-indische, in Köln lebende Pianist und Komponist Jarry Singla mit Eastern Flowers ein Ensemble ins Leben, das seiner Intention der musikalischen Interkulturalität vollkommen entspricht. Seine beiden hoch renommierten musikalischen Begleiter, WDR-Jazzpreis-Gewinner Ramesh Shotham und Kontrabassist Christian Ramond, haben ebenfalls indische Wurzeln. Perkussionist Shotham stammt ursprünglich aus dem südindischen Madras (dem heutigen Chennai) und ist nicht nur dank seiner Präsenz auf über 150 Alben einer der meistbeschäftigten indischen Jazz-Perkussionisten überhaupt. Christian Ramond hat gleichfalls einen deutsch-indischen Background und spielte schon mit Jazzlegenden wie Albert Mangelsdorff, Kenny Wheeler und Lee Konitz.
Zahlreiche Instrumente des indischen Kulturkreises mischen sich in der Musik des Trios mit den „europäischen“ Klängen von Kontrabass und (präpariertem) Klavier: die Trommeln Dholak, Tavil, Kanjira und Mridangam, der Tonkrug Ghatam, die Morsing (Maultrommel) und das indische Harmonium. Zudem kommt die südindische Trommelsprache Konakol mit ihren atemberaubenden Silbenkombinationen immer wieder auf unkonventionelle Art und Weise zum Einsatz.
Auf den Spuren südindischer Tempelmusik
Eastern Flowers legten mit der durch die Kunststiftung NRW geförderten CD „Mineralle“ ein Album vor, auf dem die Vielfalt indischer Musikkultur auf europäische Harmonik trifft. In dem dicht verwobenen, häufig intuitiv wirkenden Zusammenspiel spüren die drei Künstler sichtlich ihrer indischen Herkunft nach, doch zugleich lassen sie ihrem avantgardistischen Forscherdrang freien Lauf. Allein vier Stücke, „Tavi Swaram“, „Jabi Tala“, „Thillana“ und „Mallari“, wurden inspiriert von einer vom Goethe-Institut unterstützten Tournee durch Indien. Bei Mallari handelt es sich um südindische Tempelmusik, Thillana ist eine Komposition des südindischen Geigers Lalgudi Jayaraman, beides arrangiert von Jarry Singla.
Doch da Singla als Komponist den Typus eines absoluten Freigeists verkörpert, beschränkt sich der interkulturelle Ansatz des Trios nicht auf Einflüsse aus der Kultur des indischen Subkontinents. Die CD ist hier ein Beispiel: Das Titelstück „Mineralle“ wurde von den exzeptionellen Chansons des französischen Sängers André Minvielle inspiriert, „Za Hory“ ist beeinflusst von alter ukrainischer Folklore, während „Okonana“ marokkanische Rhythmik mit zeitgenössischen Klangwelten des präparierten Klaviers verbindet.
In Köln konzertierte das Trio bei dem aufsehenerregenden Festival „Acht Brücken – Musik für Köln“, bei der von der Deutsch-Indischen Gesellschaft veranstalteten Kölner Indienwoche sowie bei den Festivals „Musik in den Häusern der Stadt“, „Vive le Jazz“ und der „Kölner Musiknacht“. Auch tourten die Eastern Flowers durch Südamerika mit Festivalkonzerten in Buenos Aires, Cordoba, La Paz, Santa Cruz und Cochabamba sowie in Bolivien. Für die Spielzeit 2017/18 wurde Eastern Flowers in den Förderkatalog „Musikkulturen“ der NRW Kultursekretariate aufgenommen und in Kürze wird das Ensemble im Rahmen der Reihe „Musik in Donaueschingen“ zu Gast sein.
Aber im Mai sind sie erst einmal bei uns in Neuss, um mit ergründender Offenheit und faszinierendem Ideenreichtum globale Klangwelten aufzubrechen. Und das mit Kraft und Schönheit.
(Nähere Infos zum Konzert am 3. Mai um 20:00 Uhr unter http://www.blueingreen-jazz.de. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 14 €, Schüler 10 € und Schüler der Alten Post und der Musikschule 5 €.)
Marion Stuckstätte