28. Shakespeare Festival im Globe Neuss: Faszination aus Fantasie
20. April 2018 | Von Stuckstaette | Kategorie: Aktuelles, Neusser KulturWarum Shakespeare? – Die Frage stellt man sich in Neuss nicht. Denn schlichtweg begeistert hat man den elisabethanischen Meister und das jährliche Festival zu seinen Ehren in der Quirinusstadt aufgenommen. Lang lang ist es her, als das Globe nach Neuss an die Rennbahn zog. Aber des fantasiegewaltigen Wortjongleurs ist man hier keinesfalls überdrüssig. Im Gegenteil, Jahr für Jahr wird dem vierwöchigen Event im hiesigen ‚Wooden O‘ entgegengefiebert. Der Run auf die Karten ist ab Mitte März in vollem Gange. Wer noch keine hat, sollte sich spurten, denn das Programm der 28. Saison hat es wieder in sich. 36 Veranstaltungen von 14 Compagnien werden geboten. Tragödien, Komödien und Musik aus Deutschland, Spanien, England, Österreich, Polen und den USA; vom Ein-Personen-Stück bis hin zum großen Ensembleauftritt, alles ist dabei.
Ja, ja, Meister Shakespeare ist zu unserem sommerlichen Gefährten geworden. Und wird es wohl auch noch einige Zeit bleiben. Gott sei Dank! Denn sein Werk ist schier unerschöpflich, auch wenn der eine oder andere schon eine Menge von ihm gesehen hat. 38 Dramen schreibt man ihm zu; andere diese auch wieder ab. Aber wie dem auch sei, Marlowe oder Shakespeare, ein Genie oder ein kreativ Besessener, ein reges Schaffen steht dem Theatergänger hier in jedem Fall gegenüber. Über 400 Jahre sind die Werke alt. Was soll es, die Thematik, sie geht nicht unter. Gier, Neid, Liebe, Leidenschaft, Leid, Hass und Eintracht, das sind die Antriebsfedern menschlichen Schaffens. Romeo und Julia, Othello, Hamlet und Macbeth, mögen sie nicht im Sommernachtstraum tanzen oder im Sturm an Prosperos Inseln stranden, ihr Wesen treiben sie noch umher – auch heute, äußerlich verwandelt, ähnlich in neuem Gewand.
Drama über die Royals
Schauen wir auf dieses Jahr. Los geht es am 7. Juni, Ende ist am 7. Juli. „King Charles III.“ von der Bremer Shakespeare Company eröffnet das Festival mit einem „Future History Play“. Long live the Queen! Das wollen wir alle hoffen, doch irgendwann wird der Prince of Wales voraussichtlich als Charles III. die britische Krone tragen. In diese Zukunft blickt das Stück von Mike Bartlett, das 2014 im Londoner Ameida Theatre uraufgeführt wurde. Mit großem Erfolg. Die Bremer Shakespeare Truppe sicherte sich die deutsche Erstaufführung und nun spielen sie den Fall des Falles durch: Alle sind sie auf der Bühne – Charles und Camilla, William und Kate, Harry und immer wieder der Geist Prinzessin Dianas; eingebettet in politische Intrigen von Regierung und Opposition. Ein Drama über die Royals von Shakespeare’schem Ausmaß mit komödiantischem Akzent.
Shakespeare-Rapper aus Chicago
Einfallsreich und forsch geht es auch weiter. Ob die Q-Brothers aus Chicago Shakespeare rappen, Heinrich V. gegen Frankreich triumphiert, die Widerspenstige einmal mehr gezähmt wird oder Julia, diesmal aus Barcelona, ihrem Romeo verfällt, die Vielfalt ist groß, die Interpretationen von unterschiedlichster Couleur. Shakespeare gibt es im Originalton, im Film oder als Steilvorlage eigener Kreation.
Auch geht der im vergangenen Jahr erfolgreich eingeführte Kinder-Shakespeare-Tag in Wiederauflage.
Vom Schemel die Welt bespielen
Besonders freuen darf man sich auf die Rückkehr von Bea von Malchus aufs hiesige Festival. Eine Frau, ein Schemel – mehr nicht, so haben wir sie hier kennen und lieben gelernt. Mit einer grandiosen, heiter-geistreich wie wandlungsfreudig scharfzüngigen Darbietung, die ohne Tamtam die Fantasie beflügelte. Jetzt kommt sie in gleicher Manier und mit neuem Stück: „Queens – You can’t always get what you want!“ Es geht um die Geschichte und Vorgeschichte von Elisabeth I. und Mary Stuart, um Katholizismus versus Protestantismus und um den erbitterten Kampf um den Thron. So schlüpft sie sitzend in die Rollen beider Antagonistinnen und obendrein noch in die einer Bloody Mary, Catherine Parr, Lady Jane Grey, Marie de Guise und Caterina de Medici.
Komplex auf einfach
Wer diese One-Woman-Show noch nicht gesehen hat, sollte sie nicht verpassen. Viermal wird Bea von Malchus 2018 im Globe zu sehen sein. 2018 singt sie sogar – und bespielt die Welt. Das ist Shakespeare. Darum Shakespeare. War da zu Anfang nicht die Frage? Eine Frage, die Dr. Rainer Wiertz, Programmchef des Shakespeare Festivals, zu Beginn der diesjährigen Pressekonferenz in den Raum warf. – Und schnell die Antwort hatte: Klar Shakespeare, dieser Meister des Sezierens, der seismographischen Metaphern, der extremen Tiefen und komplexen Geschichten mit Verzückung, Verwirrungen und Verblendungen. Siehst du einen Reiter, so denke dir hunderte. Komplex auf einfach. Aus der Vorstellungskraft die Bezauberung bauen. Deswegen Shakespeare! Dieses Mal original, originell und temperamentvoll – wie eh und je. Unbedingt hingehen!!!
Tickets, zzgl. 12 Prozent Vorverkaufsgebühr, bei den bekannten Vorverkaufsstellen, telefonisch unter 02131/526 999 99 – montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr, samstags von 9 bis 18 Uhr sowie sonntags und an Feiertagen von 10 bis 16 Uhr – oder im Internet unter http://www.shakespeare-festival.de.
Marion Stuckstätte