dkn-Debüt der Dirigentin Maestra Anu Tali: Amerika meets Baltikum
16. April 2018 | Von Stuckstaette | Kategorie: Aktuelles, Neusser KulturAnstelle des ursprünglich geplanten Tirol Concerto von Philipp Glass werden im 5. Abonnementkonzert der aktuellen dkn-Saison Werke von Samuel Barber und Erkki-Sven Tüür sowie die Vier Temperamente von Paul Hindemith zu hören sein. Erstmals leitet die estnische Dirigentin Maestra Anu Tali die Deutsche Kammerakademie Neuss. Ein interessantes Debüt am Sonntag, den 22. April, um 11 Uhr im Zeughaus. Auch wegen der Besetzung am Piano, die Tamara Stefanovich übernimmt.
Zwei Künstlerinnen mit großer Brillanz, internationaler Beachtung und obendrein viel Entdeckungspotential stehen im 5. Abonnementkonzert der Deutschen Kammerakademie Neuss auf der Zeughaus-Bühne. Dort wo Anu Tali zum Taktstock greift, weht ein frischer Wind durch die Konzertsäle. Den Tamara Stefanovich noch zu verstärken weiß. Denn von dieser Pianistin schwärmte nicht nur die New York Times in den höchsten Tönen. Die Solistin der Matinee ist – wie ihre Kollegin am Pult – in den großen Konzertsälen daheim. Sie kennt die Podien der New Yorker Carnegie Hall, der Berliner Philharmonie und der Tokioter Suntory Hall und hat mit der Royal Festival Hall und der Wigmore Hall zwei besonders feine Londoner Adressen im Tourenplan. Auch zeigt sie ihre Kunst bei etlichen renommierten Festivals, von Luzern und La Roque d’Anthéron über das Klavier Festival Ruhr und die Styriarte Graz bis hin zum Aldeburgh Festival.
Beginnen wird das Neusser April-Konzert mit dem volltönend-schwermütigen Adagio, das Samuel Barber aus seinem Streichquartett op. 11 ausgekoppelt und für Streichorchester eingerichtet hat. Durch die Uraufführung, die 1938 unter der Leitung von Arturo Toscanini in New York stattfand, war der damals 28-jährige Komponist auf einen Schlag berühmt.
Komponist mit Rockwurzeln
Im Anschluss an das außerordentlich populäre, vielfach als Begleitmusik eingesetzte Werk des Amerikaners kommt mit Anu Talis Landsmann Erkki-Sven Tüür eine der markanten Figuren der Gegenwart zu Wort. Action Passion Illusion aus dem Jahre 1994 lässt etwas von den Anfängen des Komponisten erahnen, der seine Laufbahn als Rockmusiker begann.
Im Programm nach vorn geht es in der Zeit wieder einen Sprung zurück: Paul Hindemith schrieb seine Vier Temperamente für Klavier und Streicher im Jahre 1940. Ganz ähnlich wie sein dänischer Kollege Carl Nielsen setzte er sich mit der historischen Lehre von den vier Körpersäften auseinander, deren jeweilige Mischung (Idiosynkrasie) den individuellen Charakter des Menschen bestimmen und bei gestörten Verhältnissen eines der vier Temperamente bewirkt: Ein Überschuss an schwarzer Galle führt zur Melancholie, ein Zuviel an Blut ergibt den Sanguiniker, beim Phlegmatiker wird der Schleim (griech. »phlegma«) und beim Choleriker die gelbe Galle überwiegen. Die alte Medizin fußte auf dieser Vorstellung und war damit so inspirierend, dass in der Musik- und Kunstgeschichte mancherlei klingende und tönende Reflexionen des Gedankens zu finden sind. Paul Hindemith schildert die Temperamente durch vier Variationen über ein einziges Thema – das eigentliche Wesen also, das dem Werk seine Einheit und Schlüssigkeit verleiht. Der ordnende Geist des Komponisten, der seine Zeit als „musikalischer Bürgerschreck“ inzwischen längst hinter sich hatte, war zu einer geradezu klassischen Ausgewogenheit zurückgekehrt.
dkn-Konzert am Sonntag, den 22. April 2018, im Zeughaus. Unter Leitung von Maestra Anu Tali mit Werken von Barber, Tüür und Hindemith. Am Klavier Tamara Stefanovich. Einführung um 10:15 Uhr mit Dr. Matthias Corvin, Konzertbeginn um 11:00 Uhr.
Einzelkarten an den bekannten Vorverkaufsstellen, über die Karten-Hotline unter 02131-5269 9999 oder über das Internet unter http://www.deutsche-kammerakademie.de, zzgl. Versandkosten.
Marion Stuckstätte