Tanz, der ans Eigentliche, Menschliche und Unaussprechliche rührt

15. Februar 2016 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

Alonzo King LINES Ballet, San Francisco bei den Internationalen Tanzwochen im Februar

Am Dienstag, den 16. Februar, ist das Alonzo King LINES Ballet bei den Internationalen Tanzwochen zu Gast. Alonzo King gilt als einer der feinsten Choreographen unserer Zeit. Eine hohe, eigenwillige Musikalität, ein individueller Vorrat an modernem und neoklassischem Bewegungsvokabular, vorzüglich ausgebildete Tänzer(innen) und ein subtiles Lichtdesgin sind seine Markenzeichen.

Der Abend in der Neusser Stadthalle beginnt mit seiner neuen Choreographie Concerto for two Violins zu Johann Sebastian Bachs Doppelkonzert d-moll, das – wie ein New Yorker Kritiker im Mai 2015 feststellte – für viele Freunde des Tanztheaters seit über siebzig Jahren mit dem Namen George Balanchine (Concerto Barocco) verbunden ist und somit als eine kleine Hommage verstanden werden kann, auch wenn die Abläufe bei Alonzo King eine völlig andere Sprache sprechen: Balanchine war und ist für ihn ein Vorbild, von dem er ausging, als er seinen persönlichen, sinnlich vibrierenden Tanzstil entwickelte.

Im zweiten Teil des Programms tanzen fünf Mitglieder des Ensembles das Men’s Quintet: Einen leisen Nachklang des Schwanensee entdeckte ein professioneller Beobachter in diesem Quintett für »Solo« und »vierstimmige« Begleitung, das zu der Musik des amerikanischen Kontrabassisten und Komponisten Edgar Meyer (* 1960) aufgeführt wird.

Writing Ground schließlich, das Alonzo King 2010 für das Ballett von Monte Carlo choreographierte, wurde von Gedichten des irisch-amerikanischen Schriftstellers Colum McCann (*1965) inspiriert und von traditionellen, alten Klängen der großen Weltreligionen begleitet: In den zwölf unterschiedlich besetzten Abschnitten des Stückes zeigt sich Alonzo King einmal mehr als großer Geschichtenerzähler von außergewöhnlichem Einfallsreichtum.

Seit Alonzo King seine Solistenkarriere bei Alvin Ailey und dem American Ballet Theatre aufgab, um 1982 in San Francisco seine eigene Company zu gründen, hat er sein Verständnis von der Welt des Tanzes und dem Tanz der Welt mit geradezu wissenschaftlicher Akribie vertieft. Für ihn beruht jegliches Ballett vor allem auf geometrischen Prinzipien: »Rechteck und Kreis definieren und umfassen alles, was wir sehen. Alles, was man sehen kann, wird durch eine Linie gebildet. In der Mathematik ist es eine gerade oder gebogene Längenausdehnung ohne Breite. Linien sind allgegenwärtig: In unseren Fingerabdrücken, in der Form unserer Körper, in den Sternbildern, in der Geometrie. Die genealogische Verbindung, eine Verzweigung und auch ein Satz, alles sind Linien. Die Linie markiert den Anfangs- und den Endpunkt. Den Faden eines Gedankens. Eine Grenze oder auch die Ewigkeit. Eine melodische Linie. Der Äquator. Eine Linie der Vibration oder eine Verbindung von Punkt zu Punkt, sie ist die sichtbare Organisation dessen, was wir sehen.«

Die Kunst freilich besteht darin, die Theorie in eine Praxis umzusetzen, die alle Erwägungen gewissermaßen in der Schwerelosigkeit auflöst. Wie es das Alonzo King LINES Ballet seit nunmehr beinahe 35 Jahren vermag.

Di, 16.02.2016, 20 Uhr, Stadthalle Neuss

Tickets können über die Karten-Hotline unter 02131-5269 9999 oder über das Internet unter www.tanzwochen.de bestellt werden (zuzüglich Versandkosten).