„Geliebte Aphrodite“ von Woody Allen im Rheinischen Landestheater

11. Dezember 2015 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

Temporeicher Liebestaumel auf Abwegen

Er ist ein merkwürdiger Kauz, der immer und überall an der falschen Stelle zu sein scheint. Einer, der Fragen stellt, dort wo man lieber still ist. Er ist der, der es mit dem Leben nicht so leicht hat. Mit der Liebe erst recht nicht. Vielleicht weil er diesen Hang hat, die Dinge, Abläufe und Emotionen auseinanderzunehmen. Woody Allen ist ein Begriff, seine Filme und seine Darstellkunst unverwechselbar, ebenso seine Komik. „Geliebte Aphrodite“ von 1995 ist der 26. Film des erfolgreichen amerikanischen Kinomanns, der gern Autor, Regisseur und Darsteller in Personalunion ist. Seine unverwechselbare Art auf die Bühne zu bringen, ist kein Leichtes. Peter Wallgram, den wir hier schon von der skurrilen Komödie „Perplex“ kennen, hat sich der Herausforderung gestellt. Mit Erfolg!

Ganz so schrill absurd wie in Perplex kommt Peter Wallgram dieses Mal im Rheinischen Landestheater nicht daher. Aber das leicht Morbide scheint ihn zu reizen. Bei Woody Allen ist er da an der richtigen Adresse. Diesmal weniger verrückt, aber dennoch gut heiter mit abstrusen Irrungen in der Gefühlswelt. Denn die Geschichte gibt es schnell her: Da ist Lenny Weinrib und der hat eine Frau. Nichts Besonderes an sich. Sie ist erfolgreiche Galeristin. Er Sportjournalist. Eines Abends verkündet sie, sie wolle ein Baby. Auch das nichts Außergewöhnliches. Doch sie will es nicht selbst bekommen, die Zeit hat sie nicht, sie möchte es adoptieren. So weit so gut. Gesagt, getan und das kleine angenommene Söhnchen wächst und gedeiht prächtig. Sogar so perfekt, dass Vater Lenny vermutet, seine Mutter müsste genauso wundervoll und klug sein. Er macht sich auf den Weg, auch weil seine Ehe an Reiz und Stabilität verloren hat, diese schillernde Persönlichkeit zu finden. Doch wirklich anmutig offenbart sich die dann Gefundene nicht. Sie ist zwar attraktiv und obendrein blutjung, aber eine Prostituierte, die sich nebenher noch Geld mit Pornofilmen verdient. Und schon ist man mitten in der Geschichte angekommen, im dubiosen Treiben. Obwohl Lenny einerseits abgeschreckt und eingeschüchtert ist, kann er von Linda Ash, der leiblichen Mutter seines Sohnes, nicht lassen. Er versucht, sie auf die gerade Bahn zu bringen. Auf Umwegen. Einer davon ist, dass er eine Nacht mit ihr verbringt und später auch sie ein Kind von Lenny hat, von dem er nichts weiß. Genauso wie Linda nie erfährt, dass Lennys Sohn ihr zur Adoption freigegebenes Kind ist. Kräftig verwirrt und verworren also die Geschichte, so wie es sich für Woody Allen gehört.

Schräger Held an wilder Maus

Lenny, sein Hauptakteur, im Film von Woody Allen selbst gespielt, tapst sich in gekonnter Manier unbeholfen zerstreut und leicht konfus durch all sein Gefühlschaos. Rainer Scharenberg ist wie gemacht für diese Rolle. Sein Lenny ist schlaksig gutmütig wie holperig wissbegierig und ängstlich aktionsbereit. Kein Depp, wenn auch gern mal idiotisch. Dazu der Chor der antiken Tragödie, den Woody Allen seinen Hauptfiguren als Schicksalsweiser und –lenker an die Seite stellt. Auch hier funktioniert der Schritt zurück aus dem allzu „ernsthaften“ Treiben der Menschenwesen, die sich gern etwas zu wichtig nehmen. Linda Ash, verkörpert von Juliane Pempelfort, ist gleichwohl gelungen – frech, frivol und temperamentvoll naiv, aber alles andere als dämlich oder unsympathisch. Quirlig lebendig hüpft sie über die Bühne und weht Lenny kräftig frischen Wind um seine angestaubte Nase. Lediglich Amanda Weinrib, Lennys Frau, ist hier eher profillos abgebildet. Außer Kettenrauchen hat die Rolle wenig zu bieten. Auch die Bühne hätte noch etwas Pepp gebrauchen können, stützt sich auf ein paar knallige Lichter und Details. So muss ein aufgeblasener Penis als Punchingball beim Boxtraining herhalten. Ob man es braucht? – Im Spiel ist es weniger der Trieb der das Treiben voranbringt, sondern eher die Neugier. Jedoch schaden tut es nicht. Die Unterhaltung kommt in keinem Fall zu kurz. Wie soll es auch sein, wenn die Götter mitmischen!

Ein schwungvoller Abend, kurzweilig und amüsant über zweieinhalb Stunden (inklusive Pause). Der passt dann auch treffsicher dorthin, wo er im Dezember im Spielplan zu finden ist: an Silvester. Am 31.12. kann man noch die Let’s dance Pary mit Roman Frieling dazu buchen. Keine schlechte Idee für die, die noch nach Programm zum Jahresausklang suchen.
(Nähere Infos unter www.rlt-neuss.de).