Internationale Tanzwochen – Akrobatische Poesie im Kontext moderner Spiritualität
12. Oktober 2015 | Von Stuckstaette | Kategorie: Neusser KulturDer französische Choreograph Hervé Koubi eröffnet die 33. Saison der Internationalen Tanzwochen Neuss
Im Oktober ist es wieder so weit, dann startet die neue Saison der Internationalen Tanzwochen Neuss. Seit 1983 werden Jahr für Jahr die Besucher auf eine eindrucksvolle Weltreise tänzerischen Zeitgeschehens geschickt. Auch dieses Mal hat die Reihe, die bis zum März 2016 läuft, beachtenswerte Choreographien und Ensembles zu bieten. Die berühmte Martha Graham Dance Company aus New York ist dabei, genauso wie das schon lange nicht mehr nur unter Experten hoch gehandelte Alonzo King Lines Ballet aus San Francisco. Den Auftakt gestaltet die algerische Truppe von Hervé Koubi, die in ungewöhnlicher Formation und Darbietung gerade erfolgreich über den Globus tourt.
Eine ästhetische Erfahrung, in der die Seele Nordafrikas glüht“, so kündigen die Macher der Internationalen Tanzwochen Neuss ihren Saisonauftakt an. Und damit kommen sie der Choreographie am 25. Oktober recht nahe. Denn ganz einfach lässt sie sich nicht in Worten auf den Punkt bringen. Was an diesem Abend geboten wird, ist Tanztheater einer eigenwilligen Art, das zwei Welten, wenn nicht noch mehr, aufeinander stoßen lässt. Doch hängt man hier nicht an den Gegensätzen oder sucht nach Schnittmengen, sondern fügt sie zusammen zu neuen kreativen Freiräumen. Orient und Okzident erforschen sich und gehen Hand in Hand auf eigene Reise. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ebenso. Headspins, Akrobatik und Spiritualität sind einige der Werkzeuge, die die Erfahrungen in unverbrauchte Fantasien umsetzen. Gemeint ist das bizarre Tanzprojekt des französischen Choreographen Hervé Koubi mit dem verheißungsvollen Titel „Ce que le jour doit à la nuit“ (Was der Tag der Nacht verdankt).
Was ist zu erwarten? – 12 Tänzer, mit freiem Oberkörper und weißem Beingewand samt bodenlangem Lendenschurz. Tänzer, die ihre Wurzeln im Street Dance, Sufi oder Hip-Hop haben und von denen vor dieser Produktion noch keiner auf einer großen Bühne sein Können präsentiert hat. Athleten, die sich zu Bildern formieren und diese mit kraftvollen Bewegungen auflösen. So etwa zu einem Berg, den einer von ihnen erklimmt, um sich gen Himmel zu strecken. Doch beim Versuch, ihn zu berühren, fällt er in die Tiefe, knallt aber dennoch nicht auf, da andere ihn fangen. Aus der Ruhe entfacht der Sprung, aus der Stille der Sturm. Die Tänzer, sie schöpfen aus einem weiten virtuosen Bewegungsraum, voller Poesie wie Dynamik gepaart mit archaischer Kraft. Wie Wurfkörper schnellen sie in die Höhe, um über andere abzurollen. Davor kreisen sie noch auf ihren Köpfen oder überschlagen sich selbst.
Den eigenen Wurzeln auf der Spur
Eine leise wie spektakuläre Produktion mit ausgefallenem Ensemble hat Hervé Koubi zusammengestellt. Ausgangspunkt ist die Reise zu sich selbst. Denn lange Zeit wusste der französische Choreograph und Sohn algerischer Immigranten nichts von seinen eigenen afrikanischen Wurzeln. Als er sie entdeckte, ging er ihnen mit künstlerischer Neugier nach. 2009 begann er mit afrikanischen Tänzern zu arbeiten und startete daraufhin sein Langzeitprojekt, für das er in Algerien auf Mitgliedersuche für sein Ensemble ging. Das Ergebnis führte er 2013 zur Premiere. Seitdem tourt seine aufsehenerregende Choreographie in Europa und der Welt.
Saltos, Sprünge, unglaublich hoch und weit, und Körperpyramiden, sie verleihen dem Werk expressive Intensität, ohne es aber zum Spektakel verkommen zu lassen. Vielmehr wird eine Geschichte erzählt, die eines Menschen an der Schnittmenge zweier Kulturen.
“I met these dancers at an organized audition in October of 2009 in Algeria. Ever since, my enthusiasm never ceases to grow because of their pleasure in dance, always remaining open for the dance roles imposed for a creation, where I try to stay away from creating the spectacular just for the spectacle; but prefer to create something where the musicality of each dancer, of each body is in the service of the purpose of the performance.” (Hervé Koubi)
(Tickets an den bekannten Vorverkaufsstellen oder (zzgl. Versandkosten) über die Karten-Hotline unter 02131-5269 9999 oder das Internet unter
www.tanzwochen.de)