Kandidaten persönlich – Reiner Breuer

3. August 2015 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Er steht neben seinem Fahrrad vertieft in sein Mobiltelefon. Seit wir uns das letzte Mal mehr als einen kurzen Gruß zugeworfen haben, ist Zeit vergangen. „Zehn oder fünfzehn Jahre bestimmt“, schätzt er. Könnte gut sein. Die Vergangenheit aus gemeinsamen Bekanntenkreisen ist lange her. Wie das halt so ist. Wir sitzen in einem Café am Markt. „Der Markt vereint einfach die Tradition mit der Weiterentwicklung der Stadt. Der Platz hat Atmosphäre, es herrscht urbanes Leben und das hat Flair. Wir sind hier öfters mit Freunden und Familie. Ich trinke außerdem sehr gerne Kaffee, nie schwarz und am liebsten Cappuccino“, erzählt der Nichtraucher. Moment mal: kenne ich Reiner Breuer nicht als jemanden, der sich gerne eine Zigarette ansteckt? Blaue Gauloises hat er früher geraucht, frischt er meine Erinnerung auf. Eine Packung am Tag. Bis er am Aschermittwoch vor drei Jahren das karnevalsbeschließende Motto „dann ist alles vorbei“ auf seinen Glimmstengel-Verbrauch projizierte und das Rauchen an den Filter hängte. Das war es, von jetzt auf Gleich? „Ja. Ich habe eingesehen, dass es vorbei sein musste und dann habe ich aufgehört. Das hat mich allerdings zehn bis fünfzehn Kilo gekostet“, lacht er und klopft auf seinen Bauch – also dahin, wo andere einen haben. Wo dort zehn bis fünfzehn Kilo mehr ihren Platz eingenommen haben, bleibt wohl sein Geheimnis. Seinen Verbrennungsmotor hält der 46-jährige auf Trab. Oder besser gesagt auf der Pedale. In diese tritt er nämlich meistens, wenn er von A nach B muss. „Ich fahre viel mit dem Fahrrad oder eben mit dem ÖPNV. Ein Auto brauche ich in der Regel nicht. Wir haben zwar eines, aber das nutzt meistens meine Frau.“

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Wo ich sie gerade treffe

Entspannen in der Öffentlichkeit, das geht als Bürgermeisterkandidat? „Teilweise. Ich will authentisch bleiben. Das geht aber in der Öffentlichkeit nicht immer voll und ganz. Zum Beispiel würde ich hier auch gerne mal in Jeans und T-Shirt sitzen, das fänden einige Bürger aber vielleicht unpassend.“ Der Anzug ist also eher obligatorisch. Meistens jedenfalls. „Ich bin auch schon in der Sauna angesprochen worden: ‚Hören Sie mal, Herr Breuer. Wo ich Sie gerade hier treffe…!’ So etwas passiert, ja. Das ist allerdings auch ein Grund, warum ich meinen Urlaub in der Regel außerhalb von Neuss verbringe.“ Gerne aber auch die Freizeit gemeinsam mit Schulfreunden aus alten Zeiten. „Wir haben einen Kochclub“, lächelt Breuer, „und versuchen, uns einmal pro Monat zu treffen. Das klappt zwar nicht immer, aber meistens. Einer hat dann immer die Kochmütze auf und bestimmt, welches Drei-Gänge-Menü an diesem Abend gekocht wird. Die anderen müssen helfen. Da gibt es die verschiedensten Gerichte, von koscher bis rheinländisch. Letztes Jahr war ich in Israel, da war vieles beeindruckend: Land, Leute und auch das Essen. Danach gab es dann im Kochclub einen Salat aus Palästina. Man muss nämlich aufpassen: jedes Gericht darf es nur einmal geben. Ich glaube sogar, dass wir das bislang auch hinbekommen haben. Also, wenn man mal von den Tiramisu-Wiederholungen beim Dessert absieht.“ Und wie sieht es mit der Geschmacksvielfalt bei der Musik aus? Digital oder analog? „Alles iTunes. Das ist einfacher und passt sogar auf mein Handy. Die CDs und die Plattensammlung von früher sind im Keller. Mein Musikgeschmack ist vielfältig: Jazz, Soul und anderes. Es muss aber auch in die Beine gehen. Jamie Cullum ist zum Beispiel einer meiner Lieblingsmusiker. Letztens habe ich ein Konzert von Jan Delay gesehen. Das war etwas härter, aber auch richtig gut. Noch lieber gehe ich auf kleine Konzerte. Das ist besser, als große Shows zu besuchen. Man hat mehr Nähe zu den Musikern. In Köln hab ich mal in einem kleinen Club Johnny Guitar Watson gesehen. Der stand mit Hut und seiner Gitarre direkt vor mir. Das war schon irre“, erinnert sich der zweite stellvertretende Bürgermeister.

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Fund im Rathaus-Keller

Wir ziehen weiter. Breuers nächster Ort, den er mit uns aufsucht, ist die Alte Post. Schöne Erinnerungen verbindet er mit diesem Gebäude, feiert die SPD doch hier ihre Erfolge. „Es ist aber mehr als das. Die Alte Post ist eine tolle Institution: letztens habe ich zwei Neusser Künstlern den Kunstförderpreis der Stadt verliehen. Und beide erzählten, dass sie hier angefangen haben“, so der gebürtige Derikumer. „Ich bin schon an Kunst interessiert, ja. Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich im Rathauskeller eingemottete Bilder entdeckt und mir gedacht: ‚Moment mal: Die sind doch von Jacob Weitz!’ Dann habe ich gefragt, ob man die nicht neu rahmen lassen könnte. Jetzt hängen sie in meinem kleinen Büro im Rathaus.“ Früher habe er selber gerne gezeichnet, so Breuer weiter. Wenn auch nicht mit künstlerischem Anspruch. Architekt wollte er werden. „Ich war für das Studium schon fast eingeschrieben. Als Zivildienstleistender im Alexius-Krankenhaus wurde ich dann Sprecher für alle Zivildienstleistenden dort und musste mich mit Gesetzestexten beschäftigen. Das hat mich fasziniert und so bin ich auf Jura gekommen.“ Sein ursprünglicher Berufswunsch erklärt vielleicht auch Breuers Begeisterung für Städtebau. Kein Wunder also, dass er Sprecher für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr seiner Fraktion im Düsseldorfer Landtag ist. Wäre die Bundeshauptstadt für ihn auch eine Option? „Nein. Ich hatte mal das Angebot, nach Berlin zu gehen. Aber ich bin gerne in Neuss. Das ist meine Heimat und hier fühle ich mich wohl. Warum also woanders hin? Es gibt hier viel zu gestalten. Während meiner Hausbesuche, die ich in diesem Wahlkampf wieder mache, sehe ich, in welchen schwierigen Situationen Menschen teilweise leben. Da muss man was tun. Außerdem bin ich aber auch der Meinung, dass sich Neuss viel zu oft unter Wert verkauft.“

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Hafen sehr reizvoll

Entsprechend ist Reiner Breuers letzte Station: die neue Fußgängerbrücke, die über das Hafenbecken 1 zum Insel- und Uferpark auf der Mole führt. „Der Hafen gehört zum Zentrum der Stadt. Er ist die Anbindung an die großen Seehäfen in Rotterdam und Antwerpen. Diese Infrastruktur ist herausragend. Der Hafen ist zum großen Teil das Fundament unseres Wirtschaftsstandorts und relativen Wohlstands. Zudem ist das erste Hafenbecken natürlich städtebaulich sehr reizvoll: auf der einen Seite die pure Industrie und auf der anderen Seite das Quirinus-Münster und die Wohnbebauung. Ich glaube, das Thema ‚Heranrücken der Stadt ans Wasser’ wird uns in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren mit Sicherheit weiter beschäftigen.“