Musical nach dem Film „Das Appartement“ von Billy Wilder im RLT – Bück dich hoch
9. Dezember 2014 | Von Stuckstaette | Kategorie: Neusser KulturWer kennt ihn nicht, den mit fünf Oscars prämierten Film „Das Appartement“ von Billy Wilder aus dem Jahr 1960 mit Jack Lemmon und Shirley MacLaine in den Hauptrollen. Der Film ist ein Klassiker, eine überaus unterhaltsame wie bitterböse Komödie, die die fragwürdige Moral der Gesellschaft auf groteske Weise ins Rampenlicht rückt. Broadway-Erfolgsautor Neil Simon schuf daraus in Zusammenarbeit mit dem berühmten Komponisten Burt Bacharach ein Musical mit ähnlich spöttischem Beigeschmack. Thorsten Duit hat es mit leichtfüßigem Charme im Rheinischen Landestheater auf die Bühne gebracht.
Im Grunde kann er nur schwer nein sagen. Und wichtiger noch, es ist eine riesen Chance, sich in der Chefetage beliebt zu machen. Denn der kleine Angestellte Chuck Baxter rackert sich Tag für Tag in einem riesigen Versicherungskonzern vergebens ab, um die Karriereleiter nach oben zu klimmen. Doch keiner nimmt ihn wahr, auch wenn er der Erste ist, der kommt und der Letzte, der den New Yorker Bürotower wieder verlässt. Noch nicht einmal die süße Fahrstuhlführerin Fran Kubelik, auf die er schon lange ein Auge geworfen hat, kann sich seinen Namen merken. Da kommt es gerade recht, als sein Vorgesetzter ihn abends in der Bar um Hilfe bittet, ihm sein günstig gelegenes Appartement für kurze Zeit als Liebesnest zur Verfügung zu stellen. „Es wird sich lohnen“, so die Versprechung. Und es spricht sich schnell rum. Denn die feinen Herren der Führungsriege haben alle große Not: Die Chancen auf ein nettes Schäferstündchen mit ihren jungen, hübschen Angestellten wollen sie sich nicht entgehen lassen. Von ihren Ehefrauen erwischt werden, das wollen sie schon gar nicht. Die Junggesellenwohnung passt daher perfekt. Auf die Mädchen wirkt sie allemal seriöser als ein Hotel. Und abseits der Öffentlichkeit sind den männlichen Trieben kaum Grenzen gesetzt. So ist Chucks „Offerte“ heiß begehrt und ebnet ihm auf skurrile Weise den Weg nach oben. Auch wenn er kaum noch einen Abend selbst in seiner Wohnung verweilen kann und sich die Nächte auf der Parkbank um die Ohren schlagen muss. Was macht man nicht alles für den Erfolg.
Musikalischer, zynisch heiterer Spott
Was als ausgelassenes, komödiantisches Musical angelegt ist, hat einen weniger lustigen Kern: buckeln und ducken für die Karriere, auch wenn man sich und seine Werte verrät, auch seine Würde. Anbiedern bis zur Selbstaufgabe. Das passt in das aufstrebende Amerika der 50er-Jahre. Und ist auch im Zeitalter von Globalisierung und Dschungelcamp gut platziert. Kopf einziehen und ab auf die Schleimspur, das bringt Anerkennung. Und wenn man auch mal oben vom Kuchen etwas abhaben möchte, hat man eine Wahl?
Im „Appartement“ menschelt es dann doch. Das ist Hollywood. Denn als Chuck mitbekommt, dass Mr. Sheldrake, der Boss des Personalwesens, den er besonders bevorzugt behandelt, ausgerechnet mit der netten Fran in seiner Wohnung Quartier bezieht, ist seine Leidensgrenze erreicht und Schluss mit dem Gentleman’s Agreement. Job oder Liebe, Verrat oder Aufrichtigkeit, Chuck muss sich entscheiden. Und die süße Fran auch.
Live-Band und Hollywood-Flair
Die Inszenierung am RLT lässt die 50er wieder aufleben. Mit viel Spaß, kecken Pointen und einem guten Schuss Sentimentalität lässt das spiel- und singfreudige Ensemble den Esprit Wilders Komödie aufblitzen. Bereichernd unterstützt von sechs Musikern, am Violoncello, Klavier, Saxophon, Schlagzeug, Bass und an der Gitarre, huschen die 2.5 Stunden in feinster Musicalmanier am Besucher vorbei. Michael Großschädl als Chuck gibt einen wunderbar schüchtern fahrigen und bemüht aufstrebenden Untergebenen, der anrührt, amüsiert und gleichwohl nett querschießen kann. Und singen kann er auch. Doc Dreyfuss, gespielt von Rainer Scharenberg, bringt Pep ins Spiel. Dazu Linda Riebau als Fran Kubelik, die einen zuckerreinen Doris Day-Verschnitt aufleben lässt. Toll das Bühnenbild von Dorothee Neuling, das den Zuschauer durch die Skyscraper-Flucht ein wenig schwindelig werden lässt und Chuck verloren stellt. Trotz ausgelassener Heiterkeit und vergnüglich lockerem Treiben, die sarkastischen Untertöne der Komödie verliert Regisseur Thorsten Duit nicht. „Bück dich hoch“ als fein gepuderte Hollywood-Unterhaltung mit Happy End.
(Nähere Infos unter www.rlt-neuss.de)