31. Saison der Internationalen Tanzwochen Neuss – Zwischen Mythos und Moderne
3. Oktober 2013 | Von Stuckstaette | Kategorie: Neusser KulturImmer wieder stehen sie zur Diskussion, die angespannte Haushaltskasse als Damoklesschwert im Nacken. Obwohl die Internationalen Tanzwochen Neuss sich seit 30 Jahren beim Publikum hoher Beliebtheit erfreuen und das Programm stets mit hochkarätigen, weltweit erfolgreichen Tanzcompagnien glänzt, die Behauptung in finanziell mauen Zeiten ist nicht leicht. Eine drastische Preiserhöhung zu dieser Saison und der Verlust von 200 Abonnenten sind die Folge. Aber an Aufgeben wird lange nicht gedacht und so stellte Kulturreferent Dr. Rainer Wiertz für die Reihe 2013/14 wieder einmal mehr ein anspruchsvolles Repertoire zusammen, mit Truppen aus Chicago, São Paulo, New York, Stuttgart, Havanna und Madrid.
Es ist keine leichte Zeit für die Kultur in Neuss, Fördertöpfe weit ausgeschöpft oder gestrichen. Selbst renommierte Reihen stehen unter Beschuss. So kämpfen die Internationalen Tanzwochen seit Jahren um ihren Erhalt. Mit einer Reduktion von 200 Abonnenten an den Start der Saison 2013/14 zu gehen, ist eine Bürde. Aber trotz der drastischen Preiserhöhung, die je nach Abo bis zu 100 Euro beträgt, konnten 600 Abonnenten gehalten werden. Das ist ein Erfolg, der so nicht abzusehen war und der ein weiteres Zeichen für den hohen Zuspruch dieses Kulturevents darstellt.
Los geht es am 5. November mit Hubbard Street Dance Chicago, einer Truppe, die genauso wie Ailey II und Eric Gauthier nicht zum ersten Mal in Neuss gastiert. Eine Compagnie, die durch Vielschichtigkeit besticht, durch tänzerische Leichtigkeit, Elan und Tempo und durch einen Stilmix aus modernen und klassischen Techniken, aus Jazz, Broadway genauso wie Street Dance. Sie wurde 1977 vom Tanzveteranen und Choreographen Lou Conte gegründet, von 2000 bis 2009 von Jim Vincent geleitet und steht nunmehr unter der künstlerischen Führung von Glenn Edgerton.
Ebenfalls stetig auf der Suche ihr Bewegungsvokabular zu erweitern, ist die New Yorker Company Ailey II. Hier mittlerweile ein mehrfach gefeierter Gast, wird es mit zunehmender Popularität jedoch immer schwieriger, die Truppe für Auftritte zu gewinnen. Daher ein Bonbon der Saison am 30. Januar. Aus den Fußstapfen ihres legendären Begründers Alvin Ailey herausgewachsen, umgibt sie noch immer der faszinierende Gestus aus Mythos und Moderne. Die Geschichte der Südstaaten, geprägt von Sklaverei und Freiheitsstreben, dringt seit jeher aus den temperamentvollen, lebensbejahenden Poren. Tanz als Lebensfreude und -elixier. Ein Genuss, an den sich der Besuch von Gauthier Dance nahtlos einreihen lässt. Denn wer Eric Gauthier im Januar 2012 in der Neusser Stadthalle miterlebt hat, der weiß, wovon die Rede ist. Mit Charme, Witz, Schwung und Spontaneität fängt er sein Publikum ein. Seine verbalen Einlagen sorgen obendrein für Erheiterung und einen kurzweiligen Abend. Mit sechs sehr unterschiedlichen Choreographien steht er am 6.12. mit seiner tanzwütigen Truppe auf der Neusser Bühne, mit Musik von Kate Bush bis Maurice Ravel und Choreographien von Jírí Bubenicék und Itzik Galili.
In der Choreographie von Luis Arrietta ertönt ebenfalls Ravel, wenn die Tänzer der brasilianischen Compagnie Balé da Cidade aus São Paulo am 23.11. „La Valse“ in pulsierende, latein-amerikanische Körpersprache verwandeln. Temperament und Perfektion dann am 15. März, wenn diesmal aus Madrid nicht die Nachwuchstruppe, sondern die erste Garde von Spaniens Nationalballett Compañia Nacional de Danza auf den Tanzwochen erscheint. Ein weiterer Leckerbissen unter der künstlerischen Leitung von José Carlos Martinez, der nach Nacho Duato die Führung der nationalen Hauptcompagnie übernommen hat. Im Repertoire „Minus16“ von Ohad Naharin und noch einmal Itzik Galili, der für eine sehr eigentümlichen Tanzsprache aus fließender Eleganz und trommelndem Aufbegehren steht. Den Abschluss der Saison bereitet am 2. April Danza Contemporánea de Cuba mit einem Bewegungsgestus zwischen betörender Melancholie und funkensprühender Tanzfreude.
Ein abgerundetes Programm mit allerlei Facetten. Es bleibt zu hoffen, dass es neue Abonnenten zu überzeugen weiß. Aber positiv betrachtet gibt selbst diese Entwicklung einen Vorteil zu verkünden: Denn momentan kann man auch im freien Verkauf gut an Karten kommen. Also, nur zu!
(Nähere Infos unter www.tanzwochen.de und unter der kostenfreien Info- und Kartenhotline 02131-526 99 99 9)