Der Fluss, der aus Neuss verschwand: Die Krur
1. Februar 2013 | Von Graef | Kategorie: Neusser Leben, Neusser UmweltNapoleon ist schuld. Aber nicht nur er allein, denn es war ein langer Prozess bis das „Flüßchen“ Krur, das sich Jahrhunderte westlich von Neuss schlängelte, endgültig verschwunden war. Der Neusser Historiker und Geograph Dr. Karl Remmen hat die Geschichte der Krur recherchiert und auf Initiative der Heimatfreunde Neuss ein bemerkenswertes Buch darüber geschrieben.
Heute erinnert nur noch die Krurstraße, die von der Kaiser-Friedrich-Straße Richtung Innenstadt auf die Sternstraße zuläuft, an den verschwundenen und vergessenen Fluss. Im mittelalterlichen Neuss aber war er wie die anderen Neusser Flüsse von großer Bedeutung, nämlich für die Wasserversorgung der Stadtbevölkerung ebenso wie für die Bewässerung der Stadtgräben zur Verteidigung gegen mögliche Angreifer. „Etliche Jahre“ schon hat sich Dr. Karl Remmen mit der Krur beschäftigt: „Die Krur wurde mir bekannt durch Kartenmaterial und durch Aufzeichnungen des Stadtarchivars Franz Kreiner von 1943.“ Schon im 15. Jahrhundert und auch früher wird sie in historischen Schriften erwähnt wie Remmen in seinem sorgfältig recherchierten Buch belegen kann. So hat er auch herausgefunden, dass die heutige Drususallee „topographisch und historisch richtiger“ an sie erinnern würde: „Noch Ende des 19. Jahrhunderts hieß die zu der Zeit gerade eben erst ausgelegte Allee vom Hamtor nach Westen zum Nordkanal `Krurstrasse`“, erklärt er im Vorwort seiner Arbeit.
Ein ganz besonderer Fluss
Eine Frage hat den Wissenschaftler Remmen beim Studium alten Kartenmaterials besonders beschäftigt: „Wieso laufen dort der Stadtgraben und sämtliche Neusser Flüsse wie Norfbach und Gilbach nach Norden und nur ein Flüsschen, nämlich die Krur, zur Stadt hin, nach Süden?“ Ein Widerspruch, der ihn außerordentlich reizte. Und die Lösung hat er natürlich auch gefunden: Die Neusser haben die Krur in ganz früher, nicht genau belegbarer Zeit einfach in die andere Richtung umgeleitet, um eine bessere Bewässerung der Stadtgräben zu erreichen. Diese drohten durch einen stetig sinkenden Grundwasserspiegel zu versanden und verschlammen, so dass die Trinkwasserversorgung durch die Brunnen sowie die Verteidigung gefährdet war. Zudem stieg die Seuchengefahr. Nach Remmens Recherchen muss der „Anzapfungspunkt logischerweise etwa im Raum Mitte Jahnstraße-Turnhalle der TG an der Schorlemerstraße“ gewesen sein.
Der Nordkanal – Das Ende der Krur
Die Umleitung der Krur brachte nur vorübergehend eine Besserung. Auf Dauer war der „Prozess der allmählichen Verschlammung“ nicht aufzuhalten, sagt Remmen. Als der französische Kaiser Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich den Nordkanal bauen ließ, bedeutete dies bis zum Ende des Jahrhunderts die endgültige „Vernichtung der Krur“, so der Neusser Historiker. Schließlich verschwand sie dann auch weitgehend aus dem Gedächtnis der nachfolgenden Neusser Generationen. Dr. Karl Remmens Buch „Die Krur. Eine Betrachtung über den Ursprung und die `Geschichte des alten Neußer Flüßchens`“ schließt diese Wissenslücke nun auf eine sehr wissenschaftliche, anspruchsvolle Weise, die historisch und geographisch interessiertes Lesepublikum aber mit vielen akribisch recherchierten Details und auch überraschenden Erkenntnissen sicherlich zu unterhalten vermag.