Permakultur – nur ein neuer Trend oder eine zukunftsweisende Entwicklung zu nachhaltiger Landwirtschaft?
2. April 2019 | Von Felicitas Rath | Kategorie: Aktuelles, Neusser LebenNatürliche Ökosysteme statt Monokultur
Abgeleitet von „permanent agriculture“ bedeutet Permakultur wörtlich übersetzt dauerhafte Landwirtschaft. Das Besondere hierbei ist, ökologische Beziehungen und Kreisläufe in der Natur genau zu beobachten und zu versuchen, diese nachzuahmen. Pflanzen und Tiere werden gezielt so eingesetzt, dass sie sich gegenseitig bereichern. Im Idealfall arbeitet die Natur selbst so gut, dass mit wenig Aufwand ein hoher Ertrag erzielt wird, ohne die Umwelt zu belasten.
Das Permakultur-Konzept wurde 1974 vom Australier Bill Mollison gemeinsam mit seinem Schüler David Holmgren entwickelt. Er wurde dafür mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. In den 1950er- und 1960er-Jahren erforschte er als Biologe Wildnis und Regenwälder. Dabei entwickelte er ein tiefes Verständnis für die Natur und machte am Beispiel des Regenwaldes die Erfahrung, dass natürliche Ökosysteme viel produktiver und artenreicher sind, als die vom Menschen angelegten landwirtschaftlichen Monokulturen. Die Erfahrungen aus seiner Forschung übertrug er später nicht nur auf die Landwirtschaft; seine Methode zielt auf eine zukunftsfähige Gestaltung und Benutzung des Bodens – vom kleinen Gartengrundstück bis zur ganzen Erde.
Ist Permakultur so etwas wie Biologischer Anbau?
Wenngleich es einige Gemeinsamkeiten mit der biologischen Landwirtschaft gibt, so führt die Permakultur weiter: Hier wird ein geschlossenes Ökosystem nachgebildet. Auf moderne Methoden der Bodenbearbeitung wie Umgraben und Pflügen wird weitgehend verzichtet. Wenn überhaupt, so werden diese Arbeiten vorwiegend von Hand oder mit traditionellen, alten Methoden verrichtet- mit Manpower oder Pferdestärke; Traktoren sind tabu. Dies bedeutet nicht, zurück in die Steinzeit, sondern vielmehr, darauf zu achten, dass die Bodenqualität erhalten bleibt. Genauer gesagt: Der natürliche Mikrokosmos des Bodens kann sich optimal entwickeln, da er nicht durch maschinelle Eingriffe und Bodenverdichtung gestört wird. Hierdurch enthält er genügend Nährstoffe auch ohne Zugabe von Kunstdünger. Gepflanzt wird in Mischkultur, also in einem Beet unterschiedliche Pflanzen, die dicht beieinander stehend, sich gegenseitig ergänzen und vor Schädlingen schützen. Dies verhindert auch, dass der Boden durch einseitigen Nährstoffbedarf ausgelaugt wird – wie dies bei Monokulturen häufig der Fall ist. Wenn nötig wird durch Pflanzung von Leguminosen und Hinzufügen von Kompost für einen höheren Stickstoff- und Mineralstoffgehalt gesorgt. Andere „Tricks“ in der Permakultur sorgen dafür, dass die Pflanzen eine Wohlfühltemperatur und ein angenehmes Klima vorfinden, was sie mit üppigem Wachstum belohnen. Bei der sogenannten „Sonnenfalle“ sorgt eine Umrandung der Anbaufläche mit Sträuchern und Bäumen für Windschutz und die Speicherung der Wärme; nur nach Süden, zur Sonne hin, ist sie geöffnet. Ein Teich kann sich ebenfalls sehr günstig auswirken, da auch er Wärme speichert und zugleich die Luftfeuchtigkeit erhöht, was für die Pflanzen besonders in trockenen Zeiten wichtig ist. Oft werden die Beete hügelartige angelegt, so entsteht viel Platz für ein dichtes Wurzelwerk; optimale Bedingungen für ein gesundes Pflanzenwachstum und zugleich ein wichtiger Korrosionsschutz für das Erdreich.
Funktioniert Permakultur überall?
Dank solcher natürlicher Methoden lässt sich sogar in unwirtlichen Lagen, wie zum Beispiel in den Bergen, Landwirtschaft betreiben. Das zeigt der erfolgreiche Versuch auf dem Krameterhof im Salzburger Land, dem „Sibirien Österreichs“, wo sonst außer Kiefern und Tannen wenig gedeiht. Hier können dank Permakultur, der Anlage von Terrassengärten und einem Teichsystem sogar Gemüse und Obst angebaut werden. Doch wie bei vielen grundlegenden Veränderungen war auch hier viel Durchhaltevermögen und Kreativität gefragt: die Umstellung dauerte mehrere Jahre. Inzwischen ist der Hof ein Paradebeispiel für ein gelungenes Experiment und die ungeahnten Möglichkeiten dieser neuartigen Methode, die sich vielfach alter Methoden und ursprünglicher Weisheiten aus der Natur bedient.
Typisch für Permakultur ist:
Ein Garten der sich selbst erhält, wenn man die einzelnen Bestandteile optimal kombiniert. Eine Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Pflanzen, was zur Saison, zur Bodenqualität und zum Standort passt. Pflanzen neu entdecken: viel sogenanntes Unkraut ist essbar. Die Nutzung natürlicher Ressourcen wie Regenwasser und Kompost sorgt für eine gute Ökobilanz. Unabhängigkeit von chemischem Dünger und Hightech. Permakultur braucht anfangs einen langen Atem, der später reich belohnt wird.
Permakultur – umfasst mehr als nur Gartenbau und Landwirtschaft:
Permakulturprinzipien werden inzwischen ebenfalls in anderen Bereichen umgesetzt, so etwa in der Architektur, der Stadt- und Regionalplanung sowie in der Ökonomie. Laut Begründer Bill Mollison ist Permakultur ein Gestaltungskonzept für den Wiederaufbau zukunftsfähiger und energieeffektiver, selbstversorgender landwirtschaftlicher und sozialer Systeme. Permakultur gründet sich auf die Beobachtung natürlicher Ökosysteme. Sie versucht deren natürliche Kreisläufe, Vielfältigkeit, Produktivität und Widerstandsfähigkeit nachzuempfinden und dauerhafte, sich selbst erhaltende und selbst regulierende kultivierte Ökosysteme zu entwickeln, die „das Leben in all seiner Vielfalt fördern“ (Bill Mollison, Handbuch der Permakultur-Gestaltung).
Die zwölf Regeln der Permakultur in verkürzter Übersetzung:
1. Beobachte die Natur und interagiere sorgfältig mit ihr. 2. Fange die Energie ein und bewahre sie. 3. Ernte. 4. Beschränke dich. 5. Nutze erneuerbare Ressourcen. 6. Produziere keinen Abfall. 7. Gestalte nach übergeordneten Mustern bis ins Detail. 8. Integriere. 9. Finde kleine und langsame Lösungen. 10. Schätze die Vielfalt. 11. Nutze die Randzonen. 12. Sei kreativ und reagiere auf Veränderungen.
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