Pfadfinder in Neuss: Vom Wölfling zum Rover

12. Juli 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Titelthema

Was machen Pfadfinder? Bäume umarmen und Regenwürmer essen? Von wegen! Auf ihrer 84. Bundesversammlung am 3.6.2018 in Halle stellte die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg klar: „Pfadfinden wird mit vielen Klischees in Verbindung gebracht oder ist weiten Teilen der Gesellschaft unbekannt. Dabei verfolgen PfadfinderInnen auf der ganzen Welt wichtige gesellschaftliche Ziele.

So setzen sie sich beispielsweise für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen ein und übernehmen Verantwortung für die Umwelt. Kinder und Jugendliche werden zu starken Bürgern, die sich für ihre Meinung einsetzen.
Wir hatten Gelegenheit, mit Stephan Kiener – dem Vorstand vom Stamm Alfred Delp der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg in Neuss – zu sprechen.

Was ist der Sinn des Pfadfindergesetzes?

Das Pfadfindergesetz soll uns und unseren Kindern/Jugendlichen eine Orientierung im Leben geben. Die Frage, die hinter dem Gesetz steht ist: „Wie werde ich ein guter Mensch?“ Die Beschäftigung mit dem Gesetz gibt uns immer wieder die Möglichkeit, eine Art Wasserstandsmeldung zu erheben. Wie nah bin ich an meinen Idealen? Pfadfinder beschäftigen sich regelmäßig mit dem Pfadfindergesetz. In jeder Altersstufe legen wir Pfadfinderversprechen ab, bei denen sich die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit dem Gesetz auseinandersetzen, reflektieren, wo sie sich verbessern müssen und überlegen, wie man das konkret umsetzen kann. Das sieht dann z.B. so aus, dass ein 8-jähriger Wölfling herausfindet, dass es für ihn schwierig ist, alle anderen Wölflinge in seiner Gruppe als „Geschwister“ zu sehen und z.B. bei Spielen lieber mit seinen Freunden zusammen in einer Mannschaft spielt. Er überlegt dann, wie er es schaffen kann, in kleinen Schritten in diesem Punkt besser zu werden.

Wie stark ist das Interesse an den Pfadfindern in Neuss?

Das Interesse ist sehr stark. Wir haben in den Kinderstufen Wartelisten. In unserem Seelsorgebereich „Neusser Süden“ sind wir mit Abstand der größte Verband für Kinder/Jugendliche.

Was gibt die Erfahrung bei den Pfadfindern für das weitere Leben mit?

Wir vermitteln den Kindern und Jugendlichen, wie toll es ist, in einer Gruppe unterwegs zu sein, bei der nicht alle „beste Freunde“ sind, aber bei der man sich auf jeden verlassen kann. Als Gruppe Teil einer großen internationalen Bewegung zu sein, der kein Misstrauen entgegengebracht wird, ist ein tolles Erlebnis, gerade wenn man international oder auf großen Veranstaltungen ist.
Die Kinder lernen bei uns Verantwortung für sich selbst, für eine Gruppe und für die Gesellschaft zu übernehmen. Ich denke, weitere Fähigkeiten, die man bei uns lernt, sind Selbstreflexion und Offenheit.
Bringen sie ja keinen ehemaligen Pfadfinder dazu, Geschichten zu erzählen! Die vielen kleinen und großen Abenteuer lassen sich alle prima zum Besten geben und sind sehr unterhaltsam. Und zu guter Letzt: Um ehrlich zu sein, habe ich noch keinen Pfadfinder kennen gelernt, der mir unsympathisch war.

Alfred Delp, der Namensgeber Ihres Stammes: Wie halten Sie sein Engagement lebendig?

Alfred Delp war sehr der Jugendarbeit zugeneigt. Er hat in seinem Tätigkeitsfeld in Süddeutschland viel in der Jugendarbeit bewirkt und Jungen begeistert, indem er viel unterwegs war und das Leben in der Natur liebte. Dies tun Pfadfinder und wir als Stamm „Alfred Delp“ auch.
Politisches christliches Handeln war in der Zeit des Nationalsozialismus schwierig, dennoch hat er gewagt, ein gesellschaftliches Gegenmodell zu einer totalitären und gottlosen Gesellschaft zu entwickeln, was ihn letzen Endes zu einem Feind des Regimes gemacht und ihm den Tod gebracht hat. Ein Stück weit stehen Pfadfinder heutzutage auch für ein gesellschaftliches Gegenmodell. Allerdings stehen sie für ein Gegenmodell zu einer hedonistischen und egoistischen Gesellschaft.

Gut Pfad“ – ist das der korrekte Gruß der Pfadfinder? Gibt es weitere besondere „Sprachcodes“?

Gut Pfad“ ist der korrekte Gruß.

Es gibt bei den Pfadfindern Sprachcodes: z.B. „Schwarzzelte“. Das sind besondere Formen von Zelten (Jurte und Kohte), in denen man Feuer machen kann.
Wir Pfadfinder gehen gerne auf „Hike“, eine mehrtägige Wanderung mit Zelt, ohne dass man die Übernachtungsorte plant.
Außerdem kürzen wir unsere Mitglieder der einzelnen Altersstufen gerne ab:
Wö – Wölflinge (Kinder von 7-10 Jahren)
Juffi – Jungpfadfinder (Kinder von 10-13 Jahren)
Pfadi – Pfadfinder (Jugendliche von 13-16 Jahren)
Ab 16 ist man Rover, da gibt es keine weitere Abkürzung.

Das Pfadfindergesetz

Als Pfadfinderin, als Pfadfinder

  • begegne ich allen Menschen mit Respekt und habe alle Pfadfinder und Pfadfinderinnen als Geschwister.
  • gehe ich zuversichtlich und mit wachen Augen durch die Welt.
  • bin ich höflich und helfe da, wo es notwendig ist.
  • mache ich nichts halb und gebe auch in Schwierigkeiten nicht auf.
  • entwickle ich eine eigene Meinung und stehe für diese ein.
  • sage ich, was ich denke, und tue, was ich sage.
  • lebe ich einfach und umweltbewusst.
  • stehe ich zu meiner Herkunft und meinem Glauben.

Hier sind die Pfadfinder in Neuss:

Bundesamt der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg
41472 Neuss, Martinstr. 2 Tel 02131/ 469960 www.dpsg.de

Deutsche Pfadfinderschaft  St. Georg
Stamm Alfred Delp
Maximilian-Kolbe-Straße 12 (Gruppenstunden)
41466 Neuss
www.dpsg-neuss.de
Ansprechpartner: Stephan Kiener, Telefon 02131/ 471955, info@dpsg-neuss.de

Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg
Stamm Malteser
Bergheimer Str. 222 41464 Neuss, Tel 02131/ 41896, stamm-malteser@web.de

Claudia Pilatus