Neues Buch von Johannes Schwelm „Meine 100 schlimmsten Auftritte“

11. Juni 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben

Worum es im neuen Roman des Neusser Komikers und Behinderten-Pädagogen Johannes Schwelm geht, ist bei diesem Titel fast selbsterklärend. Statt uns mit Katzen oder renovierenden Handwerkern zu belustigen, sinniert Schwelm lieber humorvoll über das Siegen, Scheitern, Zwischenmenschliches und nur am Rande über Mutter.

Auch im bereits dritten Roman des Neusser Autors lässt sich wieder viel Autobiografisches entdecken und vermuten. Wir erfahren, warum der Ich-Erzähler des Werkes, der ewige Student Heribert Kowalski, der im Rheinparkcenter auf der 12. Etage logiert, sich zum Komiker berufen fühlt. Dazu, dass er für seinen ersten Auftritt frenetisch gefeiert wird. Was Träume weckt, die schon beim zweiten Auftritt brutal zerstört werden. Mit Humor und Herz verführt Schwelm abermals zum Durchlesen, Schmunzeln und Lachen. Wir begleiten Kowalski beim Scheitern auf seiner schier endlosen Suche nach Bühnenerfolg, Anerkennung und Liebe. Wir leiden mit ihm.

Ich habe Johannes Schwelm gefragt, warum er abermals eine Romanfigur erfunden hat, die er durch ein Wechselbad Schwelmscher Gefühle schickt. Andere Humoristen, z.B. Ralf Schmitz oder Torsten Sträter, stellen schließlich die eigene Bühnenfigur in den Mittelpunkt vermeintlich autobiografischer Übertreibung und Überzeichnung.

Johannes Schwelm dazu: „Wenn meine Romanfigur Johannes Schwelm heißen würde, hätte ich nicht mehr so viel Freiheit. Man braucht zwar auch nicht immer die Wahrheit schreiben, wenn es der eigene Name ist, aber es hilft, sich auch ein bisschen von sich selbst zu distanzieren. Zu Heribert habe ich eine wohlwollende Distanz. Ich kann ihm leichter Eigenschaften andichten, weil er Phantasie ist. Die Geschichte kann schön aus dem Ruder laufen, das Buch kann ein Eigenleben bekommen.“ Nur die Wirklichkeit sei eben die Wirklichkeit und ein Buch sei ein Buch. Außerdem sei es ihm weniger peinlich, wenn die Leute nicht ständig denken: „Der Schwelm ist aber komisch! Und das schreibt er auch noch auf! Täte ich an seiner Stelle nicht.“

Schwelms berufliche Erfahrungen mit gehandicapten Menschen sorgen für die emotional schönsten Passagen des Romans. Wir erfreuen uns am herzlichen Chaos, an lustigen Situationen und den liebevollen Charakteren von Schwerstbehinderten. Dass Schwelm sich das nicht einfach aus den Fingern saugt, ist klar: „Als Sozialarbeiter habe ich seit 30 Jahren viel Kontakt zu geistig behinderten und psychisch kranken Menschen. Mein Leben wäre sehr viel ärmer, wenn ich manche von ihnen nicht sehr intensiv kennen gelernt hätte. Einige haben so eine Art Privat-Sprache entwickelt. Für mich als Sprach-Fan ist so was ein echtes Geschenk. Ich mag ihr kreatives Potential und die Missachtung von Konventionen.“ Aber hat der Komiker Johannes Schwelm, wie Heribert Kowalski im Roman, auch einen Auftritt vor Dementen gehabt?

„Eine Anfrage von einem Pflegeheim, ob ich ein spezielles Programm für Demente hätte, gab es tatsächlich. Ich hab mal einfach ja gesagt aber sie haben sich nicht mehr gemeldet.“ Dafür hat er in Wuppertal in einer Krebsklinik gespielt. Beim ersten Mal ist das Programm „tierisch gut angekommen“. Beim zweiten Mal habe er nur in vorwurfsvolle und leidende Gesichter geschaut. „Ich hatte den Eindruck als glaubten sie, ich würde mich über sie lustig machen, als wäre ich taktlos, weil ich vor Sterbenden meinen Quatsch mache.“ Er wurde nicht mehr gebucht. „Letzten Endes weiß man aber nie genau, warum es nicht klappt.“

So hätte das Buch auch heißen können, das sie nun für 10 Euro in der Mayerschen oder der Buchhandlung am Münster erstehen können. „Wer eine Widmung dabei haben will, kann mir gerne eine E-Mail an johannes.schwelm@gmx.de schreiben und es bei mir bestellen.“  Auf Lesungen in Neuss ist Schwelm am 4. Juni in der Buchhandlung am Münster, am 14. Juni in der Stadtbibliothek Neuss und am 7. Oktober im Ons Zentrum zu erleben. Gerade hat er sein neues Comedy-Solo „Volle Suppe, Tante Herbert!“ zuende geschrieben, welches nächstes Jahr im Theater am Schlachthof uraufgeführt wird. Im Kreiskrankenhaus Grevenbroich sind demnächst seine Fotos von Türen aus Lissabon, die er mit Ästen, Treib- und Fundholz gerahmt hat, zu bestaunen. Diese Ausstellung wird nächstes Jahr auch im St. Alexius / St. Josefs Krankenhaus zu sehen sein.

Robert Wolf