Der Fackelzug mit viel Liebe zum Detail

27. August 2014 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Wir Neusser sind stolz auf unsere Schützen und zeigen ihnen dies durch unsere große Teilnahme als Zuschauer bei den Umzügen, die meisten Zuschauer hat in jedem Jahr unbestritten der Fackelzug am Schützenfestsamstag. Mit der ganzen Familie machen sich die Neusser auf, um die mit viel Liebe zum Detail gebauten Schützenmeisterwerke zu bestaunen, die Motive zu entdecken und einzuordnen und das bunte Lichtermeer zu genießen.

Die für dieses grandiose Spektakel verantwortlichen Männer sind keine ausgewählten Spezialisten, sondern ganz normale Schützen, die viel Zeit, Energie und Phantasie in den Fackelbau investieren. Sie nutzen ihre Freizeit, um mit ihren sehr unterschiedlichen handwerklichen Fähigkeiten die Großfackeln zu bauen und auf die Straße zu bringen. In diesem Jahr haben 99 Schützenzüge eine Fackel angemeldet, wir können uns also wieder auf einen langen Fackelzug freuen.
In drei Fackelbauhallen haben die Corps ihre Werkstätten bezogen und arbeiten seit Ostern an ihren neuen Kreationen. Die ersten beiden der drei Phasen beim Fackelbau sind meist schon abgeschlossen: Abwracken und die „Weiße Phase“, bei der die Fackeln und Figuren schon mit neuem Papier oder Folie bespannt sind. Jetzt sind die Maler besonders gefragt.
Ein besonders emsiger Fackelbauer ist Horst Breuer vom Gildezug „Rheinstrolche“, er baut in diesem Jahr seine 33. Fackel und achtet auf jedes Detail. So malte er allein 385 Fenster eines Hauses und achtete dabei auf Perspektive, Farbe und Erscheinungsbild. Seine Zugkameraden hat er gut eingewiesen, sie machen die Arbeiten, die er nicht so perfekt beherrscht, wie das Malen und Zeichnen. „Ich bin kein Holzwurm und die Elektrik verkabeln auch andere besser als ich“, erklärt er lachend. Der Fackelbau sei sein Hobby, das er mit Leidenschaft betreibt. „Wenn es Arbeit wäre, würde ich sofort aufhören“, erklärt der ehemalige technische Zeichner und Konstrukteur. In diesem Jahr investiert er rund 200 Stunden, ist drei Monate lang täglich in der Wagenbauhalle und tüftelt, bastelt, schreibt mit dem Edding plakative Schriften auf Folien oder trägt Abtönfarben mit dem Farbroller auf die Figuren auf.
Seine Technik verändert er stets und perfektioniert die Arbeitsabläufe. Nicht alle Teile der Großfackeln werden in jedem Jahr neu gebaut, so finden sich Figuren oft über Jahre in verschiedenen Fackeln von unterschiedlichen Zügen wieder. Natürlich werden diese stets neu mit Folie oder Papier beklebt und neu angemalt. Das Grundgestell wird besonders gut gepflegt und instand gehalten, denn ohne dieses müssten die Schützen ihre Fackeln tragen, was auch vorkommt.
Selten sind hingegen Schwebefackeln, bei denen Gasballons die Konstruktionen bis zu zehn Meter hoch schweben lassen. Heinz-Jörg Dickmann vom Zug „84er Spätlese“ baut in diesem Jahr zum zweiten Mal eine solche Schwebefackel, die ganz sicher nicht nur das Neusser Königspaar erstaunen wird. „Ich bewundere, wie einige Züge viele Details auf ihre Fackeln malen, dabei könnten sie sich diese Arbeit sparen, denn beim Fackelzug werden diese Details gar nicht wahr genommen. Ich sage ihnen immer, dass eine Fackel plakativ sein muss“, meint der Inhaber einer Werbeagentur.
Plakativ oder detailverliebt, jede Fackel ist anders und die Ideen zur Gestaltung scheinen grenzenlos. Wenn ein Jubiläum gefeiert wird, ist dies auf den Fackeln umgesetzt, andere zeigen Themen aus der Lokalpolitik, wie die Fackel der Rheinstrolche, die das Möbelhaus Höffner und den diesbezüglichen Streit zwischen Düsseldorf und Neuss thematisieren. Auf vielen Großfackeln werden bewegte und beleuchtete Elemente zu sehen sein, andere ziehen mit Geräuschen und Dampf die Blicke der Zuschauer auf sich, wie etwa das Erstlingswerk des Jägerzugs „Stolze Nüsser“, die mit einer Dampflock „mit Volldampf ins erste Schützenjahr“ starten.
Eine Fackel kann leicht an die 2.000 Euro an Material verschlingen und so richtig wertvoll werden. Die Stromversorgung stellt dabei den größten Kostenfaktor dar, denn der Strom muss selbst erzeugt werden. Obwohl vielerorts schon LED-Birnen und Leuchtstoffröhren verwendet werden, reichen Batterien nicht aus und ein Generator muss mit.
In den Hallen entdeckte ich einen Dreifachdecker, die Biene Maja mit perfekt gestylten Haaren, mehrere Boote, Torten, Flugzeuge, einen Hubschrauber mit beweglichen Rotoren und einen überdimensionalen Rolls-Royce, der zu Ehren von SM Rainer Reuss gebaut wird.
Wer sich schon vor dem Fackelzug einige Fackeln ansehen will, sollte dies bei den Fackelrichtfesten tun, die am Dienstag und Mittwoch vor dem Schützenfest stattfinden.
Alle anderen warten auf den Fackelzug, getreu dem Motto : „Vorfreude ist die schönste Freude“.