Das Neusser Königspaar freut sich auf die heiße Phase
21. August 2013 | Von Der Neusser | Kategorie: SchützenfesteNur noch wenige Wochen bis zum großen Neusser Schützenfest, eine Zeit, in der die großen Ferien die Stadt in einen unwirklichen Ruhezustand versetzen, in der Ruhe gefunden und Kraft getankt werden kann. Für das Neusser Königspaar Jörg I. Antony und Dorothee ist dies eine Zeit der Vorfreude, denn am letzten Augustwochenende steht , abgesehen vom Vogelschuss, mit dem Schützenfest die aufregendste Zeit ihrer Regentschaft an. Für uns ein guter Grund das Paar zu Hause aufzusuchen und nach ihren persönlichen Eindrücken und Erfahrungen während der vergangenen elf Monate zu fragen.
Die Entscheidung, König zu werden, hatten beide gemeinsam getroffen und zuvor in Ruhe geplant, wohl wissend, dass dies ihr Leben zumindest ein ganzes Jahr lang deutlich verändern würde. „Wir hatten uns, bevor ich an die Stange trat, bei Freunden und Bekannten, die schon einmal König waren, erkundigt, wie es ist, in Neuss Schützenkönig zu sein und hatten es uns sehr schön vorgestellt“, erinnert sich Jörg Antony. „Am Tag vor dem Vogelschuss blieb uns gar keine Zeit, nervös zu sein, wir mussten uns um vieles, wie die Auswahl unseres Hofstaates kümmern“, fügt Ehefrau Königin Dorothee hinzu. Dennoch sei die Nacht vor dem Schuss sehr unruhig verbracht worden und selbst auf dem Weg zum Schießplatz hielt dies an.
Der Freudentaumel setzte dann jedoch sofort nach dem Fall des Vogels ein, verdrängte jeden latenten Zweifel und hielt tagelang an. „Der Krönungsball war der reine Wahnsinn“ meint Jörg. Die eigene Euphorie trug sie die Nacht hindurch, die Aufregung wich der reinen Freude. Diese Erinnerungen teilt das amtierende Neusser Königspaar mit den wenigen, die zuvor das selbe erleben konnten. Einer von ihnen war der Großvater von Jörg, Opa Ernst. Er gewann die Königswürde 1953 und die Erzählungen über dieses Schützenjahr beeinflussten Jörg und säten den Wunsch, selbst einmal an die Spitze der Neusser Schützen treten zu wollen und selbst diese Zeit zu erleben. Sie hätten sehr viel über das Schützenwesen gelernt, erfuhren Dinge, über die sie nie nachgedacht hätten, berichtet SM Jörg. Die Unterschiede von Bruderschaften und Vereinen gehört ebenso dazu wie die Unterschiede in den verschiedenen Neusser Corps, die alle das Schützenjahr auf ihre Art feiern. „Manche Schützen feiern gleich zweimal Schützenfest, mal als Grenadier im eigenen Ort und dann als Jäger beim großen Fest in Neuss. Das habe ich vorher nicht geglaubt“, meint König Jörg, der seine Schützenlaufbahn mit 17 Jahren bei der Schützenlust begann und dort noch immer aktiv ist. Ein Wechsel wäre für ihn unvorstellbar. „Alle unsere Freunde sind bei der Schützenlust, die sind ein Teil unseres Lebens“, meint Dorothee.
Im Königsjahr wird diese Freundschaft auf eine Geduldsprobe gestellt, denn an den Wochenenden gehören die Schützenregenten anderen Neusser Schützen. Knapp 200 Termine werden wohl im Laufe des Jahres zusammen kommen, viele haben sie gemeinsam besucht und nicht alle waren reine Schützentermine. „Das hat mich doch sehr überrascht, dass wir auch zu gesellschaftlichen Terminen eingeladen wurden“, berichtet Jörg. So erfuhren die beiden hautnah, dass der Schützenkönig eine größere Bedeutung für ihre Heimatstadt hat, als viele Politgrößen. Als Gäste der deutsch-amerikanischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Multiple Sklerose oder bei der Handwerkerschaft repräsentierten sie die ganze Stadt. „Wenn Du plötzlich beim Metzger mit „Eure Majestät“ angesprochen wirst, ist es zuerst ein komisches Gefühl. Der Herr Antony ist dann nicht mehr wichtig“, sagt SM Jörg.
Auch Ehefrau Dorothee ist hinter dem Amt der Königin verschwunden und wird oft von völlig Fremden freudig mit „Majestät“ begrüßt.
Dies stürzt sie jedoch nicht in eine Sinnkrise, denn das Neusser Königspaar ist bodenständig und kann dies sehr gut einordnen. „Der Gruß und die Beachtung gilt dem Amt und nicht der Person“, erklären sie. Und dennoch freuen sie sich über diese Welle, auf der sie durch ihre Königsjahr getragen werden. Eine Gefühlswelle, zu der sie sich bewusst entschlossen hatten. Gerade jetzt kurz vor dem Schützenfest kämen solche Huldigungen vermehrt vor, es steige der Wiedererkennungswert.
Etwa 200 Termine erscheinen sehr viel, doch es hätten leicht mehr als doppelt so viele sein können, denn Einladungen gab es genug. „Wer zuerst kommt, zu dem gehen wir“, so entschieden sie ganz gerecht, bei welcher Einladung sie zusagten. Nur kurz reinspringen kam nicht in Frage. So besuchten sie Parties, Bälle und Patronatstage der Gesellschaften, ohne dass „Veranstaltungs-Hopping“ entstand.
Für Ihre Majestät Dorothee Antony war es kein Problem, sich an die Kleiderordnung zu gewöhnen, denn als Schützenfrau gehören Ballkleider zu ihrer Garderobe, die natürlich aufgestockt wurde, denn eine Königin trägt doch prunkvollere Kleider als normal. Bei manchen Anlässen reichte oft das schwarze Kostüm oder der Hosenanzug völlig aus. Jörg hatte es sogar noch einfacher, denn der schwarze Anzug wurde zu seiner „Königsuniform“ und den hat jeder Mann im Schrank hängen. Er wechselte nur die schwarzen Socken gegen Kniestrümpfe, damit dem Publikum der Blick auf nackte Männerbeine auf der Bühne erspart blieb. „Auf solche Details wäre ich nie gekommen, aber die Komiteemitglieder und ehemaligen Könige gaben uns sehr viele gute Tipps.“
Sie gehen gemeinsam durch dieses Jahr und feiern ihre Regentschaft als Paar. Entscheidungen treffen sie zusammen und werden auch gemeinsam die Erinnerungen behalten. „Mal sehen, was im September davon hängen bleibt“, meint Jörg Antony. Das Ende ist mit einkalkuliert und ein zweites Mal stellt keine Option dar. Als Corpssieger könnte er sich schon in einigen Jahren sehen, aber man ist nur einmal Neusser Schützenkönig, das ist klar. Für das kommende Schützenfest haben sie alle Vorbereitungen getroffen, die Ball- und Tageskleider sind eingekauft und die Hemden gebügelt.
Jörg Antony freut sich auf die Umzüge und kann, obwohl er seit 31 Jahren aktiver Schütze ist, zum ersten Mal den Fackelzug als Zuschauer genießen und auf den Paraden das ganze Regiment sehen. Auch wenn er dann zurück ins Glied rückt, bleibt er ein Stück Stadtgeschichte, denn als Vizemajestät klingt der Jubel erst langsam aus und sein Name ist schon heute in der Neusser Stadtgeschichte verewigt, als Schützenkönig 2012/13.