Pierburg baut neues Fertigungswerk im Neusser Hafen
19. Juli 2012 | Von Der Neusser | Kategorie: Aktuelles…(Kolbenschmidt-Pierburg) wird am Hafenbecken 1 in Neuss ein neues Fertigungswerk errichten. Bereits in zwei Jahren sollen die derzeitigen Produktionsstätten in Neuss und Nettetal an dem neuen Produktionsstandort zusammengelegt werden. Dies wurde jetzt offiziell vom Unternehmensvorstand sowie dem Neusser Bürgermeister Herbert Napp mitgeteilt.
Damit wird ein 70.000 Quadratmeter großes Areal, das nach dem Weggang des amerikanischen Traktorenherstellers Case International im Jahr 1997 leer stand, wieder einer industriellen Nutzung zugeführt. Das seit 1947 in Neuss ansässige Unternehmen Pierburg gehört zu den weltweit führenden Unternehmen bei der Herstellung elektromagnetisch gesteuerter Ventile.
Ende 2010 hatte die Geschäftsführung der Stadthafen Neuss (SHN), der die Industriebrache im Neusser Hafen gehört, das „Aus“ für das zunächst vorgesehene Ansiedlungsvorhaben des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal bekanntgeben müssen. Dieser hatte seine Pläne, auf der Hafenmole ein Distributionszentrum für seine Stahlprodukte zu errichten, zu den Akten gelegt. Heute kann sich die Stadt dazu beglückwünschen, dass jenes Vorhaben gescheitert ist, meint Bürgermeister Herbert Napp. Denn anderenfalls hätte die SHN das Grundstück vor ziemlich genau einem Jahr nicht ins Rennen für den neuen zentralen Fertigungsstandort des Unternehmens Pierburg am Niederrhein werfen können.
Das Grundstück, an der Schnittstelle zwischen Industriehafen und Innenstadt gelegen, stellte sowohl das Unternehmen Pierburg als auch die Projektverantwortlichen auf Seiten der Stadt vor eine Reihe von Herausforderungen. Bereits der Grundstückszuschnitt – alles andere als ein Rechteck – erforderte eine maßgeschneiderte Lösung. Die Einbeziehung der Gießerei in das Gesamtvorhaben machte eine umfassende immissionsschutzrechtliche Vorprüfung erforderlich. Die Anordnung der Baukörper auf dem Gelände musste einerseits funktionale und logistische Anforderungen erfüllen und durfte andererseits dem Ziel und Anspruch der Stadt, die am Hafenbecken 1 gegenüberliegende Stadtseite städtebaulich aufzuwerten, nicht zuwiderlaufen. Eine Vielzahl von Einzelfragen wie „Anschüttung des Grundstücks“ oder „Zufahrt zum Betriebsgelände“ wurden und werden weiterhin aufgeworfen und abgearbeitet.
Die Entscheidung Pierburgs, das neue Produktionswerk auf der Hafenmole 1 in Neuss zu errichten, ist damit nicht lediglich der günstigen Lage und der – in 65 Jahren – gewachsenen Verbindung zwischen dem Unternehmen und der Stadt Neuss zu verdanken. Die Entscheidung für Neuss ist auch die Folge einer ebenso intensiven wie konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Entscheidungsträgern bei Pierburg, den Planern und den Verantwortlichen der Stadt und der Stadthafen Neuss GmbH.
Um das Vorhaben, auf das Case-Gelände überzusiedeln, realisieren zu können, hat Pierburg sich für die kommende Zeit klare Ziele gesetzt. Zunächst ist es für das Unternehmen zwingend notwendig, die Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können. Ein weiteres Ziel des Konzerns ist die Sicherstellung einer langfristigen Standortattraktivität zur Mitarbeiterbindung. Diesem Ziel kommt die zentrale Lage des neuen Grundstückes zugute, da eine unmittelbare Nähe zur Innenstadt der Stadt Neuss besteht und der neue Produktionsstandort eine Anbindung an den Wasserweg am Hafen sowie an den Hauptbahnhof bietet.
In den neuen Produktionshallen werden voraussichtlich rund 600 Mitarbeiter ihrer Arbeit nachgehen. Die aktuellen Produktionen in Neuss und Nettetal umfassen jeweils 300 sowie 400 Beschäftigte. Pierburg erwartet, dass sich die verminderte Gesamtzahl zum großen Teil durch altersbedingtes Ausscheiden, Altersteilzeit und andere sozialverträgliche Maßnahmen erreichen lässt. Es wurde außerdem bereits festgelegt, dass es im Rahmen der Zusammenlegung der beiden Werke keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird.
Entsprechend der Intention des „Masterplan Industrie“ der Stadt Neuss wird eine Industriebrache von „industriefremden“ oder gar „industriefeindlichen“, weil empfindlichen, Nutzungen freigehalten und erneut einer industriellen Nutzung zugeführt. Damit wird der weiteren Verknappung von Flächen für industrielle Nutzungen entgegen gewirkt und Nutzungskonflikten auf der Hafenmole vorgebeugt. Weitergehend trägt das Vorhaben sogar zur Konfliktlösung bei. Pierburg schafft auf eigenem Grundstück die „Nutzungszonierung“, wie sie vom Rahmenplan Stadthafen Neuss vorgegeben ist. Die industriellen Nutzungen sind zum Hafenbecken 2 orientiert. Zum Hafenbecken 1 und damit zur Stadtseite sind die Verwaltungsgebäude angeordnet und schaffen, gemeinsam mit dem vorgelagerten Insel- und Uferpark, einen städtebaulichen Übergang zu den vorhandenen und künftigen Nutzungen an Rheintor- und Batteriestraße.
Die Revitalisierung der Hafenmole 1 gibt städtebauliche Impulse. Die schon im Rahmenplan vorgesehene öffentliche Erschließung des Insel- und Uferparks durch eine Fußgängerbrücke über das Hafenbecken 1 trifft bei Pierburg auf Gegenliebe. Die Brücke, die hinsichtlich ihrer exakten Lage und Ausführung jetzt geplant werden kann, schafft eine kurze Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem neuen Werk und ist somit für die Pierburg-Mitarbeiter attraktiv, die mit dem ÖPNV zu ihrem neuen Arbeitsplatz in Neuss pendeln.
Mit der Realisierung des vorgestellten Projekts bricht sowohl für das Unternehmen als auch für die Stadt Neuss ein neues Zeitalter an. Pierburg bekennt sich zu Neuss und Neuss nimmt Pierburg räumlich in sein Zentrum auf. In unmittelbarer Nähe zur Innenstadt werden die Mitarbeiter Pierburgs künftig ihrer Arbeit nachgehen. Und auch die „Zugereisten“ werden, so ist Bürgermeister Napp sicher, sich von ihren eingesessenen Kollegen schnell überzeugen lassen, dass es sich in Neuss, einen „Steinwurf“ von der City entfernt, gut arbeiten und leben lässt.