Der neue Oberst: authentisch und für jeden Schützen da

24. August 2022 | Von | Kategorie: Aktuelles

Das ist Bernd Herten besonders wichtig. Dem lange designierten und seit Kurzem gewählten Oberst steht sein erstes Schützenfest in diesem Amt bevor. Wobei – eigentlich hat es schon lange begonnen.

Genau genommen mit seiner Wahl am Oberstehrenabend. In der vollbesetzten Stadthalle enthielten sich zwei Anwesende bei der Abstimmung, einer votierte gegen den von der breiten Masse der Schützen gewollten Oberst. Es ist ein Ergebnis, wie man es sich nur wünschen kann: nahezu 100 Prozent. Vielen galt die Wahl Hertens als sicher, war er doch nach dem Ausscheiden seines Vorgängers vom Präsidenten des Neusser Bürger-Schützenvereins eigens angerufen und gefragt worden, ob er sich diese Aufgabe vorstellen könnte. Im Anschluss stellten sich die drei dienstältesten Korpsmajore Volker Albrecht (Hubertusschützen), Dr. Hans-Peter Zils (Scheibenschützen) und Rolf Busch (Sappeure) hinter die Nominierung. Bernd Herten aber blieb skeptisch, hatte sich doch zwischendurch jemand aus der Deckung gewagt, der sich ebenfalls um das Oberst-Amt bewerben wollte: ein Jäger namens „Denis van de Kerkhoff“. Nachdem dieser aber kurzfristig seine Kandidatur aufgab, weil sein Adjutant „Arjen Robben“ leider keine Zeit hätte, war allen TikTok-Nutzern und Schützen klar, dass es sich dabei um eine Comedy-Nummer handelte. Amüsiert handelte Herten kurzum und lud van de Kerkhoff zum Oberstehrenabend ein.

Dann brach der Jubel los

Der Wahl stand also nichts mehr im Weg. Wie sie allerdings laufen würde, war Bernd Herten nicht klar. „Ich stand im Foyer und da kriegt man ein bisschen mit, was drinnen läuft. Aber Genaueres eben nicht“, so der neue Oberst. „Als dann das Ergebnis verkündet wurde, habe ich das ganz leise gehört. Ich stand vor der Saaltür und wusste: gleich geht es da rein! Mir lief es kalt den Rücken runter und ich bekam eine Gänsehaut. Als ich in den Saal eintrat, brach ein Jubel los, den ich so noch nie erlebt habe auf einem Oberstehrenabend. Vielleicht lag es auch daran, dass es endlich nach den coronabedingten Ausfällen wieder losgeht. Aber diese Standing-Ovations habe ich trotzdem nicht erwartet.“ Eine andere Geste freute den Oberst zusätzlich. Stefan Bringmann, Sohn des langjährigen beliebten Oberst Josef Bringmann, überreichte Bernd Herten den Säbel seines Vaters. „Stefan und seine Mutter hatten im Vorfeld entschieden und mir gegenüber angedeutet, dass sie mir den Säbel geben wollen. Das hat mich wirklich sehr gefreut.“ Eine emotionale Geste, denn es war Josef Bringmann, der nicht nur Mitglied des Grenadierzugs „Mer fenge net heem“ war, zu dem auch Hertens Vater Karl-Heinz gehörte. Als Bernd Herten 1987 seinen eigenen Zug „Nix als Trabbel“ gründete, war es Bringmann, der den Neu-Grenadieren das Marschieren beibrachte. Und das, obwohl dieser damals selber vor seiner ersten eigenen Oberst-Saison stand. Dass gerade dann die Zeit eines Oberst knapp bemessen ist, weiß Bernd Herten heute ebenso.

Volles Programm

Jeden Tag ist etwas tun zu, berichtet Metzgermeister Herten, und das schon seit Wochen: „Es gibt verschiedene Einladungen, denen ich natürlich gerne nachkomme: zum Beispiel Fackelrichtfeste, Majorsehrenabende, das Promenadenkonzert, den Musikalischen Frühschoppen der Sappeure und noch diverse Einladungen der einzelnen Züge.“ In der Schützenfestwoche selbst wird der Terminplan dann noch etwas enger. Herten zählt auf: Montag, Fackelbesichtigung Grenadiere. Dienstag, Fackelrichtfeste der Hubertusschützen, der Jäger, der Schützengilde und der Schützenlust. Mittwoch, Majorsehrenabend der Hubertusschützen, vorher Einladung des Malteser Hilfsdienst‘ zum Empfang des Schützenkönigs. Donnerstag, Einschießen des Komitees am neuen Schießstand, anschließend Komitee-Sitzung zur Klärung letzter offener Fragen. Freitagmorgen, Kinderschützenfest mit dem Kindergarten Quirinus: Umzug am Münsterplatz unter anderem mit Fahnenschwenkern. Dann Einladung des Rhein-Kreises-Neuss, anschließend Kirmesplatzeröffnung und auf Einladung der Schausteller eine Runde über den Platz gehen mit König, Majoren, Komitee, Bürgermeister. „Und dann geht es richtig los!“, sagt Herten.

Zapfenstreich „Nix als Trabbel“

Für den neuen Oberst und seine Stimmbänder heißt das dann vor allem: Leistung zeigen – und nur selten mal ein Bier. „Für mich gibt es hauptsächlich Wasser, Cola oder Limo. Ich sitze ja auch noch auf dem Pferd. Das ginge mit Alkohol gar nicht. Und auch meine Stimme würde das nicht mitmachen. Sonntag bei der Parade und Dienstag habe ich zwar ein Mikrofon, aber den Rest der Zeit rufe ich ja die Anweisungen. Ich hoffe mal, dass meine Stimme hält.“ Am Abend vor seiner Wahl zum Oberst wurde die allerdings deutlich strapaziert. Hertens Zug „Nix als Trabbel“ verabschiedete ihr Gründungsmitglied und ihren Oberstleutnant mit einem gebührenden Zapfenstreich. Die Stimme war erst am nächsten Mittag wieder bei voller Leistungsfähigkeit.

Ein Traum geht in Erfüllung

Dass die Kondition aber stimmt, zeigte Herten am darauffolgenden Tag. Die erfolgreiche Wahl wurde gefeiert bis morgens um 5.30 Uhr, um 9 Uhr war der neue Oberst bereits wieder auf dem Schützenfest in Büttgen, wo er als aktiver Grenadier mitmarschiert. Ordnung und Disziplin gilt auch auf dem Neusser Bürger-Schützenfest. Herten geht dann von maximal vier bis fünf Stunden Schlaf pro Nacht aus. Das steht der großen Vorfreude auf das Fest aber ganz und gar nicht im Weg. Für Bernd Herten geht mit dem Amt des Oberst ein Traum in Erfüllung. „Natürlich ist es schön, König zu sein. Aber das wird man in der Regel nur einmal. Als Oberst darf man agieren bis man 70 Jahre alt ist oder man nicht wiedergewählt wird bzw. selber zurücktritt. Deshalb würde ich das Amt des Oberst auch niemals gegen ein Jahr als Schützenkönig eintauschen.“ Wie er sein Amt ausüben möchte, steht für ihn ebenfalls fest. „Ich werde den Kontakt zur Basis behalten, zwischen Komitee und Korps. Ich bleibe authentisch an der Seite aller Schützen. Jeder Schütze soll merken, dass ich für ihn da bin. Wenn es die Schützen nicht gäbe, gäbe es mich schließlich auch nicht.“ Gefragt, wie er irgendwann mal gerne in Erinnerung bleiben würde, sagt er. „Ich würde mich freuen, wenn die Schützen über mich später einmal sagen: Bernd Herten als Oberst – das war ne Jode.“