Von der Kunst der Verwandlung

18. März 2019 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Kultur

Amihai Grosz und Matan Porat im Neusser Zeughaus

Als Gründungsmitglied des Jerusalem Quartet war er immer schon einer Vielzahl von musikalischen Einflüssen verbunden. Er geht einen ganz eigenen Karriereweg. Beweglichkeit, Bandbreite und Geschmeidigkeit zeichnen den Israeli Amihai Grosz aus; und verbinden ihn mit seinem Instrument. Grosz ist nicht nur einer der besten Bratschisten, sondern spielt zu allem Überfluss auch noch ein traumhaftes Instrument von Gasparo da Salò aus dem 16. Jahrhundert. Als Solist wird er geschätzt für eine fast unwillkürliche Romantik und seine unerschütterliche tiefe musikalische Integrität. Bereits 2010 beriefen ihn die Berliner Philharmoniker als 1. Solo-Bratschisten ins Orchester. Am 20. März wird er mit einem weiteren herausragenden israelischen Künstler, dem Pianisten Matan Porat, im Zeughaus gastieren.

Amihai Grosz kam in Jerusalem zur Welt. Mit zwölf Jahren begann er sein Bratschenstudium bei David Chen an der Jerusalem Academy of Music. Später wurde er Schüler von Tabea Zimmermann an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin und von Haim Taub am Keshet Eilon Music Center in Israel. Als Solist hat das Gründungsmitglied des Jerusalem Quartet mit vielen renommierten Orchestern Israels und Deutschlands konzertiert, u.a. mit dem Jerusalem Symphony Orchestra, dem Israel Chamber Orchestra, dem Münchner Kammerorchester und der Staatskapelle Berlin. Arbeiten mit künstlerischen Größen wie Isaac Stern, Daniel Barenboim, Mitsuko Uchida, Yefim Bronfman und David Geringas zeichnen ihn aus, ebenso wie die Teilnahme an vielen renommierten Festivals. 1996 wurde er mit dem ersten Preis beim Brown-Roger-Siegel-Wettbewerb ausgezeichnet. 2007 war Grosz Gottesman-Preisträger beim Aviv-Wettbewerb in Jerusalem. Sein Instrument von Gasparo da Salò aus dem 16. Jahrhundert wurde ihm aus einer privaten Sammlung auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt. Seit neun Jahren ist er der erste Solo-Bratscher der Berliner Philharmoniker.

Da darf man sich in diesem Monat gleich auf zwei hervorragende israelische Musiker freuen. Am Klavier begleitet wird Amihai Grosz von seinem Landsmann Matan Porat. Gespielt wird die für Viola gesetzte Gambensonate G-Dur von Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms‘ lichtvolle Sonate op. 120 Nr. 2 (besser bekannt als Klarinettensonate) und Dmitri Schostakowitschs allerletztes Werk, eine ergreifende Komposition, die den Blick weniger auf das Gestern des eigenen Lebens als auf die Ewigkeit zu richten scheint. Ein Programm, das man mit Fug und Recht mit dem Motto Mutationen überschreiben könnte. Denn die beiden Künstler, die schon mehrfach in Neuss begeisterten, bringen drei Werke mit, die in der einen oder anderen Weise vom verwandelnden Umgang mit der Historie und den tönenden Substanzen sprechen.

Da braccio statt da gamba

Der Abend beginnt mit Bachs Gambensonate G-dur BWV 1027, die in einer ebenso ungewohnten wie naheliegenden „Mutation“ zu hören ist: Schließlich ist auch die Bratsche eine Viola, die lediglich „da braccio“ gespielt und nicht „da gamba“ zwischen die Knie geklemmt wird. Und der exquisite Klang des rund 450 Jahre alten Instrumentes von Gasparo da Salò sowie der von Porat bekanntlich meisterhaft behandelte Steinway des Neusser Zeughauses verheißen ein bereicherndes Erlebnis dieser „modernen“ Realisation.

Der eher ungewöhnlichen Übertragung folgt eine solche, die – der romantischen Gepflogenheit entsprechend – seit ihrer Entstehungszeit etabliert ist: Zwar hat Johannes Brahms seine beiden späten Sonaten op. 120 (in f-moll bzw. Es-dur) für den Klarinettisten Richard Mühlfeld geschrieben, doch schon bei der Erstveröffentlichung beider Werke druckte der Verleger Simrock „für Clarinette (oder Bratsche) und Pianoforte“ auf den Titel, und Brahms hatte nichts dagegen.

Beschlossen wird der Abend nach einer Pause von einer ganz anders gearteten „Mutation“, der Sonate für Bratsche und Klavier, mit der Dmitri Schostakowitsch im Jahre 1975 sein Leben und Wirken beschloss: Durch das Finale dieses „Schwanengesangs“ ziehen sich unüberhörbar das Grundmotiv, mit dem Ludwig van Beethoven seine „Mondschein-Sonate“ einleitete. Nach der Düsternis des Kopfsatzes und dem trotzigen Aufbegehren des grotesken Scherzos breitet sich nach und nach ein Hoffnungsschimmer aus, ein leises Nachsinnen, ob das Ende am Ende nicht doch ein Anfang sei…!?

Einführung um 19.15 Uhr mit Dr. Matthias Corvin, Konzertbeginn um 20 Uhr. Einzelkarten an den bekannten Vorverkaufsstellen, über die Karten-Hotline unter 02131-5269 9999 oder das Internet www.zeughauskonzerte.de (zuzüglich Servicekosten).