Alonzo King Lines Ballet auf den Internationalen Tanzwochen Neuss

18. Februar 2019 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Kultur

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Präziser Fluss aufbrechender Konzentration

Alonzo King ist dafür bekannt, ein Netzwerk zu vielen Künsten zu hegen und dies gezielt zu nutzen. Über 20 Jahre arbeitet der Choreograph auch mit Zakir Hussain zusammen, dem klassischen Tabla-Virtuosen aus Indien. 2007 war von ihnen in Neuss bereits die Choreographie „Rasa“ zu sehen, manch einem vermutlich noch in Erinnerung. In dem neuen, gerade in San Francisco zur Premiere gebrachten Stück „Sutra“ verzahnt sich einmal mehr die rhythmisch komplexe Musik des Tabla­Spielers mit Alonzo Kings eigentümlicher Choreographie zu einer faszinierenden Formensprache. Am 21. Februar kann diese und seine virtuosen wie hervorragenden Tänzerinnen und Tänzer in der Neusser Stadthalle bestaunt werden.

Noch nicht lange ist es her, da konnte das Alonzo King Lines Ballet sein 35-jähriges Bestehen feiern. Ein Ereignis, das die amerikanische Truppe zum Anlass nahm, eine Reihe ungewöhnlicher Arbeiten vorzustellen – unter anderem das abendfüllende „Sutra“. Ein Werk, das Alonzo King gemeinsam mit dem legendären indischen Tabla-Spieler Zakir Hussain für die Tanzbühne bereitete. Eine Synthese aus fremdländischen Klängen und einem Reigen aus diesen generierten, modern interpretierten Bewegungen. Aus der Vielfalt der Kulturen. Gebaut auf klassischer Präzision. Präsentiert von einer starken Tanztruppe, die jetzt auf ihrer Tournee auch in Neuss Halt macht.

Alonzo King, ein Name, der für außergewöhnliche Visionen steht – und für eine einzigartige tänzerische Kreativität. Er gilt als einer der geistreichsten und anerkanntesten Choreographen der Vereinigten Staaten. Kein Geringerer als William Forsythe bezeichnete den Künstler einmal als „einen der wenigen wahren Meister des zeitgenössischen Balletts“. Ein Urteil, das Aufmerksamkeit auf ihn legte – und das zu Recht. Und ihm Türen öffnete. Namhafte Künstlerinnen und Künstler aus Musik, Komposition und Bildender Kunst arbeiteten mit ihm zusammen. Mehr als 170 Stücke kreierte Alonzo King für seine in San Francisco beheimatete Compagnie.

Seine Markenzeichen: Varianz, Musikalität und eine unverkennbare Bewegungssprache. Ein Mix aus zeitgenössischen und neoklassischen Elementen. Dazu eine hervorragend ausgebildete Tanztruppe, die minuziös wie feinsinnig Bilder in den Raum malt; unterstützt von subtilem Lichtdesign. Mit dem Ziel, die Sinne zu öffnen für jede noch so winzige Kleinigkeit. Die Poren atmen zu lassen. Fürs große Ganze wie fürs Detail. Um auch den Kosmos in seiner Weite und Vielfalt zu begreifen. Genauso wie die tief verwurzelten kulturellen Traditionen, aus denen er gern Potential für seine ausdrucksstarken Arbeiten schöpft.

Komplexität hinter Leichtigkeit

Ein Feingeist, der sich an die Wurzeln begibt und nach Systemen forscht, um sich dann von allem zu lösen. Sich selbst treu bleibt. In Komplexität versinkt, um sie in Bahnen aufzubrechen; um seinem Publikum sein tiefes Verständnis von Menschlichkeit, Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit zu vermitteln. Aber ebenso um von Stärke und Freiheit zu berichten.

Seit er seine Solistenkarriere bei Alvin Ailey und dem American Ballet Theatre beendete, um 1982 in San Francisco seine eigene Compagnie zu gründen, hat er sein Verständnis von der Welt des Tanzes und dem Tanz der Welt mit geradezu wissenschaftlicher Akribie vertieft. Für ihn gründet sich jegliches Ballett vor allem auf die Grundlagen der Geometrie: „Rechteck und Kreis definieren und umfassen alles, was wir sehen. Alles Sichtbare wird durch Linien gebildet.“ Eine Erkenntnis, die sich aus der Wissenschaft in die Sphäre bis in die Körper seiner Choreographien zieht. „In der Mathematik sind das gerade oder gekrümmte Längenausdehnungen ohne Breite. Linien sind allgegenwärtig: in unseren Fingerabdrücken, in der Form unserer Körper, in den Sternbildern, in der Geometrie. Die genealogische Verbindung, eine Verzweigung und auch ein Satz, alles sind Linien.“ Für sich allein oder verwoben zum Netz. „Die Linie markiert den Anfangs- und den Endpunkt. Den Faden eines Gedankens. Eine Grenze oder auch die Ewigkeit.“ Eine Linie als die Verbindung von Punkt zu Punkt. Um die Organisation sichtbar zu machen. Das ist seine Theorie. Keine leichte, aber dennoch eine, die er durch seine Formensprache auf unbeschwerte Füße setzt.

(Nähere Infos unter www.tanzwochen.de)