Im Wald, wo die wilden Kinder sind

10. Dezember 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben

Der Waldkindergarten „Frischlinge e.V.“ ist für den deutschen Kita-Preis nominiert

Diese Kita muss man suchen. Sie liegt tatsächlich mitten im Wald, versteckt hinter einem bunten Bretterzaun und besteht aus zwei Bauwagen und einigen Nebengelassen. Auf dem großen Gelände um die Bauwagen herum tummeln sich die Kinder. Man hört Kinderlärm und Vogelgezwitscher, buntes Laub liegt auf dem Boden und Selbstgebasteltes aus Fundstücken des Waldes verziert einige Ablageflächen. Dazwischen die Hundehütte des Kitahundes Ison, der fast immer mit von der Partie ist, wenn es raus in den Wald geht. Und das tut es täglich, bei Wind und Wetter.  Die täglichen Ausflüge gehören zum pädagogischen Konzept des Waldkindergartens. Die meiste Zeit verbringen die Kinder so naturnah wie möglich im umliegenden Waldgebiet. Dort wird gespielt, entdeckt, geklettert, geforscht, gesammelt, getobt, gesungen, gebaut, beobachtet und gegessen. Hier ist das Pausenbrot-Picknick ein beliebtes Ritual bei diesen Waldausflügen. Gegen 13 Uhr geht es zurück in den Kindergarten, hier haben die Kinder die Möglichkeit, sich – wenn nötig – zu waschen, um dann in den Bauwagen oder auf dem Gelände zu spielen, zu malen, zu lesen oder zu basteln, bis sie von den Eltern um 14 Uhr wieder abgeholt werden.

Die Idee des Waldkindergartens kommt ursprünglich aus Dänemark, hat sich aber auch in Deutschland mittlerweile etabliert. Grundidee ist, dass die Kinder jeden Tag mehrere Stunden draußen in der Natur sind.

Den Waldkindergarten in Rosellerheide gibt es seit fast 15 Jahren. Eine Elterninitiative war begeistert von der Idee, suchte ein geeignetes Waldgrundstück und einen großen Bauwagen, den sie eigenhändig umbaute und als beheizbaren Bastel- und Spielraum einrichtete. Mittlerweile ist ein zweiter Bauwagen dazu gekommen, in dem ebenfalls gebastelt, gespielt und gelesen werden kann und der als Schulzimmer für die Vorschule dient. Auf dem großen Areal sind unter reger Mithilfe der Eltern viele weitere Spielmöbel und Stationen entstanden, die für viel Abwechslung und Anregung sorgen.

Das Rezept für eine glückliche Kindheit: Viel Natur und frische Luft

Das Gelände wirkt wie eine Mischung aus Villa Kunterbunt und Bullerbü, man könnte es von weitem auch für eine idyllische Wagenburg halten, wäre da nicht die vielen fröhlichen Kinderstimmen und das helle Kinderlachen der 20 kleinen „Frischlinge“ im Alter von 3 bis 6 Jahren. An einigen Ecken hat der Kindergarten durchaus noch „Projektcharakter“: „Es gibt immer viel zu tun“, so Jens Meißner, ein Vater, der auch gleichzeitig im Vorstand ist. „Zurzeit bauen wir an einer Überdachung über dem einen der Bauwagen und das Projekt „Komposttoilette“ steht auch noch auf dem Plan. Da könnten wir den Kita-Preis, wenn wir ihn denn gewinnen, wirklich gut gebrauchen.“ Beworben hatte sich der Waldkindergarten erstmals in diesem Jahr für den vom Bundesbildungsministerium seit 2018 vergebenen Preis und man war selbst ganz überrascht, dass es die „Frischlinge“ unter die ersten 25 geschafft haben. Aber eigentlich auch nicht. „Unser Waldkindergarten ist schon was Besonderes. Und er erfüllt die Kriterien des Wettbewerbs hinsichtlich individueller Persönlichkeitsentwicklung, Sozialraumgestaltung, Bildungsangebote, pädagogischer Praxis und ressourcenschonender Nachhaltigkeit.“

Bis zur Preisverleihung im Mai 2019 in Berlin bleibt es für die Frischlinge also spannend. Im Januar entscheidet sich, ob sie eine Runde weiterkommen und unter die zehn Finalisten gelangen. Die bekommen dann Besuch von einem Expertenteam, das sich vor Ort umschaut und das eine oder andere Gespräch führt. Eine Jury bestimmt letztendlich die Gewinner. Der erste Platz erhält ein Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro, der zweite und dritte Platz jeweils 10.000 Euro.

Geld, das der Waldkindergarten in jedem Fall gut gebrauchen und clever nutzen kann. Dass er es bereits unter die ersten 25 geschafft hat, ist aber an dieser Stelle immerhin schon eine große Auszeichnung.