Premiere „Küppers übernimmt“ im TAS – Entmachtet an die Macht

4. Dezember 2018 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

12 Jahre hat man ihn nicht mehr in einem Schauspiel im Theater am Schlachthof gesehen: Stunk-Ensemble- und TAS-Gründungsmitglied Harry Heib. Doch in dieser Komödie von Thomas Steinke ist er ein Volltreffer in der Rolle des karrierefixierten Konzernmanagers Ludwig Küppers; optimal von Regisseur Markus Andrae kombiniert mit Stefanie Otten. „Alles Denkbare ist auch machbar“, sagt sich Küppers und legt los; ohne Zögern und Zaudern – zur feindlichen Übernahme seiner Kidnapping-Behausung.

Es ist schon eine seltsame Sache mit Ludwig Küppers, bekannt als Kopf des Konzerns Rheinlogistik. Er weiß, was zu tun ist. Immer, in jeder Lage. Gewinnoptimierung heißt sein Credo. Dem folgt er, ohne Wenn und Aber, mit kühlem Verstand. Unter Erbringung von „Bauernopfern“. Was muss das muss. Da ist er pragmatisch. Eine gute Strategie und es geht voran. Doch hier unten im Partykeller mag das nicht so ganz greifen. Sein neues Team folgt ihm nur widerwillig – und kann das „Business“ nicht wirklich begreifen. Da stellt sich die Frage, ob Plan B von Nöten ist.

Fangen wir vorne an. Wieder im besagten Keller, nur noch nicht in voller Besetzung. Uschi und Harry dominieren die Szene. Sie läuft hektisch auf und ab. Er hat seine schwarze Mütze noch bis zum Hals gezogen, in der kleine Schlitze für Augen, Nase und Mund geschnitten sind. Schließlich wollte er nicht erkannt werden bei seinem brisanten Auftrag. Neben ihnen steht eine große schwarze Kiste. Der Inhalt: Ludwig Küppers. Der Sachverhalt: eine Entführung. Auch wenn der Falsche in der Kiste steckt. Denn nicht Ludwig, sondern seine Frau sollte das Opfer sein. Mit dem Big Boss wollten sich beide nur auf Distanz verständigen. Schließlich ist er verantwortlich dafür, dass Harry seinen Job als Gabelstapler verloren hat. Mit 52 Jahren, was soll da noch aus ihm werden? Seine Umschulung zum Konditor bringt das Pärchen nicht aus den roten Zahlen. Denn bei Uschi läuft es ebenfalls beruflich nur bergab. Um Haus und Existenz nicht gänzlich zu gefährden, musste was getan werden. Aber Ludwig Küppers jetzt hier, in dieser Kiste – dem sind sie nicht gewachsen. Ein Irrtum, ein blödes Versehen. Was hatte er auch im Auto seiner Frau zu suchen?

Vom Global Player zum Kellerchef

So sind die Entführer maßlos überfordert. Aber Ludwig nicht. Was wäre Küppers, wenn er nicht auch für solche misslichen Situationen gewappnet wäre: Frau unter Code-Benennung anrufen, zwei Millionen Lösegeld fordern, Stillschweigen bewahren und die Sache ist vom Tisch. Schließlich wolle er ja keine Nachahmer. Das Dumme nur: Die Frau bietet 3 Millionen, wenn man Ludwig verschwinden lässt…

Thomas Steinkes Theaterstück „Eine feindliche Übernahme“ ist eine Komödie mit bittersüßem Beigeschmack. Gerade auf eine Richtung ausgelotet, nimmt sie schon wieder Kehrt und wandert auf neuem Pfad. Der Grund: zwei Milieus, die kaum unterschiedlicher sein könnten, aber in sich schlüssig sind; die sich annähern, ohne aber wahrhaft dafür geeignet zu sein. Dazu noch die skurrile Sachlage: Küppers muss weg – will und kann aber nicht.

So formt sich ein humorvolles Spiel, das mit Inbrunst an gesellschaftlichen Missständen schabt. Makabre Pointen und sensible Momente sicher eingesetzt. Sonore Ruhe auf quirlige Betriebsamkeit wirkt als Sprengkraft des Stücks. Fluch und Segen liegen hier kaum differenzierbar beieinander. Eine Stückauswahl, die wie Faust aufs Auge ins Theater am Schlachthof passt. Und in ihrer Neusser Kolorierung sowie in der Besetzung punktlandet. Hingehen empfehlenswert!
Karten gibt es im Vorverkauf für 17 € (ermäßigt 14 €) und an der Abendkasse für 19 € (ermäßigt 16 €). Termine, Vorverkauf und weitere Infos über das Internet: www.tas-neuss.de und telefonisch unter 02131 – 277 499.