Neusser Tambourkorps mit eigenem Sound: Von Tambouren und Trommeln

26. August 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Schützenfeste, Titelthema

Fast 80 Jahre lang bestellten die Neusser Schützen zum Fest Spielleute, zumeist aus den umliegenden Dörfern, die mit ihren Trommeln und Pfeifen aufspielten. Anfang des 20. Jahrhunderts war es so weit: Neuss bekam sein erstes eigenes Tambourkorps.

Im Jahr 1903 beschloss Martin Limburg – geprägt durch seine militärische Ausbildung – mit einigen Kameraden: Neuss braucht ein eigenes Tambourkorps. 1904 wurde das 1. Neusser Tambourkorps gegründet. Es führt seitdem traditionell das Regiment beim Neusser Bürger-Schützenfest an. Seit dem hundertjährigen Jubiläum erhielt der Verein dann auch die Würdigung der musikalischen Regimentsspitze Neuss im Vereinsnamen und wurde „das Neusser Regiments-Tambourkorps“.
Wir hatten Gelegenheit, mit Marcel Freitag, 1. Vorsitzender und 1. Major des 1. Neusser Regiments-Tambourkorps 1904, und Eric Cieslak, Leiter des Korpsarchiv und Vorstandsmitglied Neusser Grenadierkorps v. 1823, zu sprechen.

Die Trommel macht den Takt

Trommeln, ob groß oder klein, sind zylinderförmig und beidseitig mit einem Fell bespannt. Bei der kleinen Trommel – auch Schnarrtrommel oder Snare genannt – ist das obere Fell das Schlagfell, das untere das Resonanzfell. Am Resonanzfell sind dünne Metallspiralen oder auch Nylon-Saiten angebracht. Dieser Resonanzteppich erzeugt beim Schlag auf das obere Schlagfell den typischen Klang. Man spricht von Fell, da früher Tierhaut verwendet wurde“, erläutert Marcel Freitag. Schon seit langem sind die Felle aus Kunststoff. Fell und Resonanzteppich sind die beiden Verschleißteile, die ab und zu erneuert werden müssen. Der Körper aus Metall hält ewig.“

Kleine und große Trommeln

Die im „1. Neusser“ eingesetzten kleinen Trommeln und weitere Paradetrommeln sind in den Märschen verantwortlich für den individuellen Tambourkorpsrhythmus, das Klangbild. „Auf den kleinen Trommeln wird unter anderem auch der Parademarsch gespielt, der dafür sorgt, dass im Gleichschritt marschiert werden kann, wenn keine Kapelle da ist bzw. bis das nächste Musikstück einsetzt“, so Marcel Freitag.
Die große Trommel wird quer vor dem Oberkörper getragen und mit einem einzigen Schlägel mit einem dicken Kopf aus festem Filz gespielt. Sie kann auch direkt vor dem Oberkörper getragen und mit zwei Schlägeln gespielt werden. Sie gibt das Spieltempo vor und setzt mit ihrem tiefen Ton deutliche Signale. Wenn wir von der Pauke sprechen, meinen wir die große Trommel. Liebevoll unsere Dicke genannt“, so Eric Cieslak.

Die Nachwuchstrommler

Ab acht Jahren können Jungen im 1. Neusser Regiments-Tambourkorps ein Musikinstrument spielen lernen. Entscheiden sie sich für die Trommel, wird mit kleineren Kindertrommeln angefangen. Zuhause kann auf Trommelpads trainiert werden. Bei begrenzter Lautstärke bekommen die Jungs so bald raus, welche Punkte auf dem Fell geschlagen werden müssen. Ehe sie mit auf die Straße dürfen, vergehen aber einige Jahre. Die Spielfähigkeit in der Gruppe und die Marschfähigkeit werden allmählich aufgebaut.

Von Noten zu Grifftabellen

Notenlesen muss man nicht zwingend können, um im Tambourkorps ein Instrument zu spielen. Wir haben mit Andreas Meding einen begabten Umschreiber im Korps“, sagt Eric Cieslak. Er übersetzt die Noten für die Pfeifer oder Hornisten in Grifftabellen oder für die Lyra, die Eric Cieslak spielt, in eine Klangplatten-Anweisung. Beim Trommeln studieren wir die Schlagfolgen nach und nach ein, bis es stimmig ist“, ergänzt Marcel Freitag.
Andreas Meding ist auch Urheber etlicher Stücke im Repertoire des 1. Neusser Regiments-Tambourkorps 1904. Bekannt und unverkennbar ist das „Potpourri der Neusser Schützenlieder“. „Das ist ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal“, betont Eric Cieslak. „Das darf ohne unsere Zustimmung von niemand anderem gespielt werden.“

Jedes Tambourkorps hat seinen Sound

Tatsächlich kann es auch von niemand anderem so gespielt werden! Jedes Tambourkorps hat seinen eigenen Sound. Jeder Marsch wird von jedem Tambourkorps anders gespielt. Unser Repertoire von mittlerweile 50 Titeln haben wir im Kopf“, so Eric Cieslak. „Wir pflegen ein gemeinsames Kulturgut. Das ist der Geist, der vom gesamten Korps getragen wird.“
Er ist Voraussetzung dafür, zum 1. Tambourmajor zu werden. Als solcher wird man vom Korps gewählt; und die Wahl setzt eine längere Mitgliedschaft und Vertrauen voraus. Als Leiter des Tambourkorps und Träger eines Majorstabs muss er nicht nur den Einsatz angeben, er muss auch in jeder Hinsicht führen können und darauf achten, dass das in Jahrzehnten Aufgebautes bewahrt bleibt und auf der Historie weiter aufgebaut wird. Dass das dem 1. Neusser Regiments-Tambourkorps bis heute gelungen ist, beweist sein langes Bestehen und die Tatsache, dass Marcel Freitag in der langen Geschichte erst der zehnte 1. Tambourmajor ist.

Kontakt:

1. Neusser Regiments-Tambourkorps 1904
Proben: Grundschule Leoschule: Am Kivitzbusch 30, Neuss-Furth
donnerstags (außer in den Ferien) 18:30 – 19:00 (Neulinge), 19:00 – 20:30 allg. Probe
www.1nrt1904.de

Claudia Pilatus