Neues aus der Rathauskantine

13. August 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben

Mahlzeit! Mein Name ist Alfred Sülheim, Stadtarchivar. Gemeinsam mit Controllerin Simone Strack, die ich regelmäßig in der Rathauskantine treffe, haben wir schon etliche spannende und brisante Abenteuer zum Wohl des Bürgers, des Steuerzahlers und unserer geliebten Heimatstadt Neuss erlebt und erleben sie täglich wieder. An dieser Stelle gebe ich zum Besten, was uns zur Zeit bewegt…

Menü heute: Sommerliche Variationen

Glücklicherweise gibt es auch in dieser unseren sich rasant wandelnden Welt gewisse Konstanten, Dinge und Ereignisse auf die man sich verlassen kann. Für uns Neusser ist die wichtigste dieser Konstanten natürlich unser Bürgerschützenfest im August, auf das wir uns schon jetzt wieder intensiv vorbereiten und freuen. Gut – frei nach Sepp Herberger, dem bekanntesten Fußballlehrer nach Friedhelm Funkel – ist nach dem Schützenfest vor dem Schützenfest, und entsprechend freuen wir uns das ganze Jahr vor, außer an Schützenfest selbst.

Viele vergessen vor lauter Vorfreude aber eine andere wichtige Konstante, nämlich die dem Schützenfest alljährlich vorausgehende Periode des Sommerloches. Manchmal verkürzt durch Wahlkämpfe oder pharmakologisch-kommerzielle Großevents unter bizarren Bezeichnungen wie „WM“ oder „Olympia“, aber immer spürbar in der Zeit zwischen Beginn der Ferienzeit und dem Höhepunkt unseres jährlichen Brauchtum-Geschehens.

Früher wurde dieses Loch gerne gefüllt von entlaufenen Reptilien, fremdplanschenden Ministern oder angeblichen Beweisen für die Existenz wahlweise des Yetis, des Ungeheuers von Loch Ness oder eines sauberen Diesels. Heutzutage gehört das Sommerloch größtenteils dem anhaltenden Hintergrundrauschen, das Nationalisten, Rassisten und skrupellose bayerische Wahlkämpfer verursachen, die für ein Handvoll mehr Prozentpunkte versuchen, ein ganzes Land in politische Geiselhaft zu nehmen, auf dass das Land am bajuwarischen Laberkäse genese. Wenn dieser populistische Mist dann auch noch als Kampf gegen Populismus verkauft wird, dann wird klar, dass wir den US-amerikanischen Menschenrechtsignoranten inzwischen moralisch so überlegen sind, wie ein faules Ei dem anderen.

Dabei gibt es wirklich wichtige Themen, mit denen wir uns in der mehr oder weniger sinnfreien Sommerzeit beschäftigen könnten. Zum Beispiel, was mit dem Wenders-Platz passieren soll, also dem großen Platz am Rande der City, benannt nach Wim Wenders, dem Erfinder des Hitch-Kinos in Neuss. Denn, so sagt ein Professor von der RWTH aus Aachen im Auftrag der Stadt, es stelle sich die Frage, ob kostenloses Parken in Citynähe überhaupt noch zeitgemäß sei. Und er hat natürlich völlig recht. Kostenlos ist so was von antiquiert, in Zeiten, in denen man umsonst nicht mehr pinkeln kann und in denen man an der Tankstelle sogar für Luft bezahlen muss. Allerdings ist das Parken selbst inzwischen ebenso antiquiert, wenn man sein Fahrzeug eine Weile nicht bewegen will, kann man das im Einzugsgebiet zahlreicher Baustellen fast überall im Stadtgebiet tun, ohne die Straße selbst zu verlassen. Mein Vorschlag für den Wenders-Platz daher: Ein gigantischer Kreisverkehr nach Pariser Vorbild! Damit holt man sich zum einen weltstädtisches Flair in die Stadt, zum anderen erschafft man das wichtige Gefühl, dass sich was bewegt. Und wenn man das Innere des Kreisels nicht nach dem „Monheimer Modell“ mit einem künstlichen Geysir bepflanzt, sondern mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Neuss im Maßstab von 1:25, dann entsteht sogar das Gefühl freier Fahrt durch Neuss. Großartig. Einen ähnlichen Effekt könnte man natürlich erzielen, wenn man nach Kirmes einfach ein Kinderkarussell dort stehen lässt. Das hätte sogar zusätzliche Vorteile: Die Rettungsfahrzeuge auf dem Karussell benötigen keine Rettungsgasse! Und irgendwie wäre dann das ganze Jahr Kirmes. Wäre das nicht toll?

Wohl bekomm‘s!