Sportangebote in der Therapie von Suchtkrankheiten

22. Juni 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Titelthema

Anlässlich des großen Themas „Sport“ in diesem Heft und des UN-Weltdrogentages am 26. Juni fragt DER NEUSSER den Jugend- und Sozialdezernenten Ralf Hörsken und den Leiter der Jugend- und Drogenberatung Neuss Norbert Bläsing, ob und inwieweit Sport helfen kann, Drogenkonsum vorzubeugen und Suchterkrankungen zu behandeln.

Der Neusser Jugend- und Sozialdezernent Ralf Hörsken weist darauf hin, dass regelmäßiges, moderates Sporttreiben mittlerweile bei einer ganzen Reihe von akuten wie chronischen Erkrankungen wissenschaft­lich als förderlich belegt ist. „Das gilt für Suchterkrankungen aller Art, so dass Sportangebote im Rahmen der Therapie von suchtkranken Menschen im hohen Maße Sinn machen.“
Sport ist in vielen, v.a. den stationären Behandlungsangeboten für suchtmittelabhängige Menschen ein wesentlicher Bestandteil“, bestätigt Norbert Bläsing, Diplom-Sozialpädagoge, Leiter der Jugend- und Drogenberatung Neuss „Das hat einmal damit zu tun, dass sportliche Betätigung eine sehr zuverlässige Methode ist, den oftmals geschundenen und vernachlässigten Körper – durch objektive Daten belegbar, aber auch im Sinne des Wortes für den Patienten selbst – ‚spürbar‘ wieder in Form zu bringen. Nicht zuletzt erzielen abstinente Abhängige so ein echtes Erfolgserlebnis in einer Zeit – der Therapie – in der ansonsten auch viel Schmerzhaftes zu verarbeiten ist.“

Ermutigung und Durchhalten – bis es Spaß macht

In stationärer Therapie sind Ermutigung, Halt in einer Gruppe, Motivation in besonderem Maße möglich und öffnen die Chance auf ein neues, unabhängiges Leben.

„Sporttreiben fällt oft denjenigen am leichtesten, die bereits Vorerfahrungen haben, an die sie anknüpfen können. Sportunerfahrenen hilft Regelmäßigkeit und Ermutigung durch fachkundige Anleitung sowie die Gruppenerfahrung mit Gleichgesinnten, so lange bei der Stange zu bleiben, bis es Spaß zu machen beginnt. So finden in stationären Behandlungen viele Menschen zu regelmäßigen sportlichen Aktivitäten, die sie auch danach fortführen, sei es alleine oder (weiterhin) in der Gruppe – je nach Vorliebe und Gelegenheit.“ so Bläsing.

Kann Sport ein Suchtrisiko bergen, zur Ersatzdroge werden?

Es gibt zahlreiche Beispiele von abhängigen Menschen, die entweder während ihrer Zeit als Leistungssportler eine Suchtmittelabhängigkeit entwickelt haben oder im Anschluss an eine Zeit intensiven Suchtmittelkonsums erst zum Leistungssport finden“, so Norbert Bläsing. „Diese ‚Vorbilder‘, wie der Fußball-Nationalspieler Uli Borowka oder der Weltklasse-Triathlet Andreas Niedrig, weisen häufig darauf hin, dass auch der Sport für sie eine suchtähnliche Erfahrung ist. Allerdings bedeutet sportliche Betätigung, solange sie sich in vertretbaren Bahnen bewegt, eine erheblich gesündere Lebensweise als ein von exzessivem Drogen- oder Alkoholkonsum beherrschtes Leben.“

Wie groß ist die Gefahr der ‚dritten Halbzeit‘ oder des Medikamentenmissbrauchs im Sport?

Norbert Bläsing: „Natürlich beinhaltet auch das Sportlerleben unmittelbare Gefahren, die allerdings eher durch die Begleitumstände bedingt sind als durch die sportliche Betätigung selbst: Dazu gehört die berühmte ‚dritte Halbzeit‘ (an der Theke) bei Fußballern ebenso wie die Gefahr der Entwicklung einer Medikamentenabhängigkeit durch regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln, etwas das in vielen Sportarten (immer wieder belegt z.B. beim Marathonlauf oder in zahlreichen hochintensiven Mannschaftssportarten) keine Seltenheit darstellt. Sport stellt so einen Spiegel unserer Gesellschaft dar – mit allen Vor- und Nachteilen.“

Sport bietet viele neue Wege

Wer sich noch weiter über die Vorteile und die Vielseitigkeit der sportlichen Aktivität als Hilfe zur Überwindung von Drogenabhängigkeit informieren möchte, findet auf der Website www.drugcom.de (ein Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) den Artikel „Sport hilft beim Drogenentzug“ (5.12.2014). Das Ergebnis der hier beschriebenen Studie: Nicht nur Ausdauersportarten, wie Laufen, Radfahren oder Rudern, sondern auch fernöstliche ‚Mind & Body‘-Aktivitäten, wie Tai-Chi, Yoga oder Qigong, verbessern die Abstinenzrate.

Alles im Griff: Selbstkontrolle: SKOLL

Selbstkontrolle ist das A und O in ein (Drogen-) freies Leben. Dazu veranstalten die Jugend- und Drogenberatungsstelle und der Sozialpsychiatrische Dienst des Rhein-Kreises Neuss das ‚SKOLL-Selbstkontrolltraining‘
Termin: 21. Juni bis 9. August 2018, jeweils donnerstags 16.00 bis 18.00 Uhr. Nach acht bis zehn Wochen ein Nachtreffen.
Ort: Jugend- und Drogenberatungsstelle, Augustinusstr. 21, 41460 Neuss.
Anmeldungen: Ab sofort bei Stephanie Meuter (Mail: stephanie.meuter@rhein-kreis-neuss.de, Tel: 02131-928-5375) oder Susanne Rückheim (Mail: susanne.rueckheim@stadt.neuss.de, Tel: 02131-5237914)
Nähere Informationen zu dieser Veranstaltung: https://www.drogenberatung-neuss.de/drogenberatung/konsumreduktion/skoll.html

Kontakt:

STADT NEUSS
Jugend- und Drogenberatung
Augustinusstr 21
41460 Neuss
Telefon 02131-523790
http://www.drogenberatung-neuss.de

Claudia Pilatus