Bewegtes Herz – starkes Herz

6. Juni 2018 | Von | Kategorie: Aktuelles, Titelthema

War für Herzpatienten früherer Zeiten körperliche Schonung oberstes Gebot, weiß man heute, dass ein trainiertes Herz sich bei Belastungen weniger anstrengt und auch gegenüber Rhythmusstörungen widerstandsfähiger ist. Ermutigung, z.B. in einer Herzsport-Gruppe, und die geeignete sportliche Aktivität sind das A und O, um auch nach Herzoperationen oder mit schwachem Herz ein lustvolles, bewegtes Leben zu führen.

Körperliche Beanspruchung und sportliche Aktivität ist der beste Weg für Herzpatienten, ihr Herz, ihren Körper und ihr Leben auf Trab zu bringen und zu halten. Dabei sind allerdings einige Dinge zu beachten. Der Herzmuskel soll gefordert, aber nicht überlastet werden. Die Balance zwischen Unterforderung und Abbau einerseits und Überanstrengung andererseits muss in einem kontinuierlichen Prozess gefunden werden. Dabei, die körperliche Aktivität aufzubauen, immer mehr Spaß an ihr zu finden und Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit (wieder) zu gewinnen, helfen Herzsport-Gruppen.

Das neue Leben fürs Herz

Für etliche Betroffene waren Bewegung oder Sport im Leben nicht vorhanden, bis der Infarkt, der Bypass, die Stents, die Kurzatmigkeit in die Klinik und anschließend in die Reha führten. In der Rehabilitation strampelte man dann auf dem Ergometer und bekam anhand von Herz-, Pulsmessungen ablesbar widergespiegelt, wie es um die eigene körperliche Belastbarkeit bestellt ist. Das kann der Start in ein neues, aktives, schöneres, im wahrsten Sinne des Wortes „bewegteres“ Leben sein.

Sicher aktiv in der Herzsport-Gruppe

Nach der Rehabilitationsklinik und den kardiologischen Untersuchungen hinsichtlich ihrer aktuellen Leistungsfähigkeit können Betroffene Herzsport-Angebote in örtlichen Herzsport-Gruppen wahrnehmen, beispielsweise dem Verein für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (VGS) in Neuss (Jülicher Str. 19, Tel. 409589).

Früher wurden Verordnungen für Herzsport nur begrenzt ausgegeben; d.h. irgendwann liefen sie aus und die Teilnehmer wechselten von der Übungsgruppe (Belastung bis max 75 Watt) in die Trainingsgruppe (Belastung über 75 Watt)“, erklärt Martin Trenk, Sporttherapeut und Geschäftsführer des VGS. „Heute kann eine Verordnung immer wieder erneuert werden, denn der Patient ist ja zeitlebens ein Herzpatient. Es findet dadurch kein Wechsel mehr statt. Die Teilnehmer bleiben in ihrer Herzsport-Gruppe.“
In der Herzsport-Gruppe geht es wie im gesamten „neuen Leben“ nach der roten Karte, die das Herz gezeigt hat, darum, die neue Lebenssituation anzunehmen, falsche Schonung zu vermeiden, vorhandene Leistungsfähigkeit und deren Grenzen zu erkennen. Die Gefahr, dass man sich bei Sport und Spiel in der Herzsport-Gruppe überfordert, besteht praktisch nicht; darauf achten die ÜbungsleiterInnen mit Unterstützung der Ärzte.
Beim Herzsport sind betreuende Ärzte Pflicht. Ohne anwesenden Arzt kann kein Herzsport stattfinden. Früher betreuten Ärzte die Herzsport-Gruppen sehr oft ehrenamtlich. So ein Engagement ist heute jedoch kaum noch zu finden“, berichtet Martin Trenk. „Defibrillator und Notfallkoffer stehen während der Kurse bereit. Unsere speziell ausgebildeten Herzsport-ÜbungsleiterInnen nehmen alle zwei Jahre an qualifizierenden Maßnahmen teil und sind in Herzsport und Reanimation stets auf dem neuesten Stand.“

Motiviert in der Gruppe

Motivation kann gar nicht groß genug geschrieben werden. „Die Triebfeder der Vereinsmitglieder, am Herzsport teilzunehmen, ist meiner Meinung nach in erster Linie die Gesundheit und die Aufrechterhaltung der Fitness. Die soziale Komponente – beispielsweise mit anderen ‚Herzis‘ zu trainieren – ist sehr wichtig und motiviert zusätzlich“, so Martin Trenk.
Herzsport muss von Herzen kommen, könnte man sagen. Mit Gleichgesinnten zusammen sein, sich auf das Training freuen, den neuen Lebensweg als anziehend, das Weglassen früherer (schlechter) Gewohnheit nicht als Last, sondern als Befreiung empfinden, herzbewusste Freundschaften finden … all das mag das Herz ebenso wie Bewegung.

Sport fürs Herz: bewiesen wirksam

Die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz Kreislauferkrankungen e.V. (www.dgpr.de) verweist auf Studien, die belegen, dass Herzpatienten, die in einer Herzsport-Gruppe gemeinsam trainieren, länger leben und seltener einen weiteren Herzinfarkt erleiden als solche, die nicht in einer solchen Gruppe aktiv waren.
Auch die Deutsche Herzstiftung www.herzstiftung.de betont die Vorteile von sportlicher Aktivität für das Herz:
Wer regelmäßig Sport treibt, kann sein Risiko für Herzinfarkte und andere Herzerkrankungen erwiesenermaßen senken. Dies trifft auch bei einer koronaren Herzkrankheit zu, die in den meisten Fällen die Grunderkrankung des Herzinfarkts darstellt und sich mit Sport in Einzelfällen sogar teilweise zurückbilden kann. Wichtig ist allerdings, dass man die richtige Sportart auswählt und den Schlussspurt als klassischen Fehler vermeidet.“

Denn:

Nicht jede Sportart ist für Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit empfehlenswert. Eher ungeeignet ist z.B. Sport, bei dem ein Ball im Spiel ist, wie etwa Fußball, Handball, Squash, Badminton oder Tennis.“

Deutlich geeigneter sind dagegen für Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) Ausdauersportarten, die sich problemlos mit niedriger Intensität durchführen lassen, z.B. Joggen, Radfahren, Schwimmen, Rudern, Wandern, Walken bzw. flottes Gehen oder Skilanglauf. All diese Sportarten können so ausgeübt werden, dass die Gefahr für eine Überlastung des Herzens gering bleibt.“

Claudia Pilatus