67. Saison der Zeughauskonzerte – Glückhafte Momente der Erschütterung

21. September 2016 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

Oxalys ensemble photo: Marco Borggreve

Dass Musik die Seele berührt, ist bekannt. Aber warum sie das tut, lässt sich weitaus schwieriger erklären und das Wie nur in Annäherung deuten: Der reine Klang spielt eine Rolle; Klarheit, Wahrheit und Authentizität. Der Vortrag, er muss direkt treffen, ohne Umschweif und Ablenkung. Der Raum muss sich erfüllen, der Körper zugleich. Dann kommt der Genuss, nicht selten der Rausch. Im Zeughaus kann man diesem Phänomen nachspüren. So bietet auch diese Saison dafür genügend Möglichkeiten. Denn wieder sind hochkarätige Künstler am Piano, am Cello oder der Geige am Werk. Solisten wie Kit Armstrong, Joseph Moog, Adrian Brendel und Nicolas Altstaedt werden kommen und ebenso hervorragende Ensemble, wie beispielsweise das Ensemble Oxalys in großer und gemischter Bläser-Streicher-Besetzung.

Saisonstart der Zeughauskonzerte 2016/17 ist der 19. September. 10 Abonnementkonzerte werden bis Ende März geboten. Die Musikerinnen und Musiker können sich sehen lassen. Los geht es mit einer gelungenen Mischung aus purer Spielfreude und mehr oder minder versteckten Botschaften: Das renommierte Londoner Belcea Quartet eröffnet die Spielzeit im Rahmen der deutsch-niederländischen „Muziekbiennale“, die in diesem Jahr unter dem beziehungsreichen Titel „Morgen“ steht. Das Programm reflektiert diese Idee, überwinden doch Schubert und Brahms in ihrem Quartettschaffen die zu ihrer Zeit jeweils gültigen Regeln und weisen so auf die Musik von morgen hin. Schostakowitschs erschütterndes, den Opfern des Faschismus gewidmetes 8. Streichquartett lässt einen Morgen nach der Katastrophe, einen Neuanfang, erhoffen.
Eine weitere Kooperation findet am 19. Januar mit dem Westdeutschen Rundfunk statt. Auf dem Programm steht der „besondere Abend“, ein neues Format, das im vergangenen Jahr erstmals geboten wurde, um die Klassikgrenzen mit außergewöhnlicher Musik auszudehnen. Nach dem Premierenerfolg gibt es in dieser Saison die Neuauflage unter dem Motto »Between Worlds«. Avi Avital (Mandoline), Ksenija Sidorova (Akkordeon) und Itamar Doari (Schlagzeug) verbinden in dem WDR-Kammerkonzert scheinbar unvereinbare Regionen und Zeiten miteinander.
Doch bereits vorher wird es einiges Erstaunliches geben. Beispielsweise, wenn am 4. Oktober der Cellist Nicolas Altstaedt sich mit seinem Cembalobegleiter Jonathan Cohen dem kammermusikalischen Schaffen zweier »Bäche« widmet, die im Vergleich äußerst reizvoll sind. Dazu kombiniert Altstaedt zwei Solowerke des 20. Jahrhunderts, die für einen der überragenden Cellisten unserer Zeit geschrieben wurden: für Mstislaw Rostropowitsch.

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Erneutes Gastspiel des Trios Armstrong Bielow Brendel
Der kammermusikalischen Minimalbesetzung folgen am 28. Oktober schwelgerische Klänge, wenn das Ensemble Oxalys und die Mezzosopranistin Christianne Stotijn die Besucher des Zeughauses in die ästhetischen Regionen des französischen Symbolismus und Impressionismus entführen. Symbolträchtig bis symbolistisch ist der Klavierabend des Pianisten Joseph Moog, der trotz seiner steilen internationalen Karriere dem Neusser Publikum die Treue hält. Das Programm, das er für den 17. November zusammengestellt hat, ist durch charakteristische Extreme angereichert: Johann Sebastian Bach aus den Händen seines glühenden Bewunderers Ferruccio Busoni, Ludwig van Beethovens Variationen und Fuge op. 35 über das prometheische Finalthema der späteren Eroica, dazu Joseph Haydn, Max Reger und Claude Debussy.
Nach dem vorweihnachtlichen Konzert des Hamburger Barockorchesters Elbipolis am 5. Dezember darf man sich am 31. Januar auf den französischen Pianisten Alexandre Tharaud und am 17. Februar auf seinen israelischer Kollegen Matan Porat und das Quatuor Hermès freuen. Auch lohnt es sich, den 7. März vorzumerken, wenn die Geigerin Carolin Widmann und ihr Klavierpartner Alexander Lonquich Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert, Anton von Webern und Ludwig van Beethoven vorstellen.
Beendet wird die Saison der Zeughauskonzerte 2016/17 mit einem neuen Gastspiel des Trios Armstrong Bielow Brendel. Fünf Jahre nach ihrem vormalig gemeinsamen Auftritt werden die drei Künstler am Freitag, den 31. März 2017, einen chronologisch geordneten Abriss über die Geschichte des Klaviertrios geben, der zwar nicht den entferntesten Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, an musikalischer Vollkommenheit aber nichts zu wünschen übrig lässt.
An der musikalischen Hingabe dieser Künstler lässt sich nicht zweifeln. Ob man sie erklären kann oder nicht. Das ist wie bei der Musik an sich und ihrem Weg zum Hochgenuss. Es ist so. Also mal ausprobieren und der Seele Flügel wachsen lassen!
(Infos unter www.zeughauskonzerte-neuss.de)