40 (!) Jahre Zweistein – Respekt, das muss gefeiert werden!

3. März 2016 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben

Die wahrscheinlich dienstälteste niederrheinische Band der Welt feiert 2016 ihr Bühnenjubiläum mit mehreren Konzert-Highlights. Zwei davon sind schon im März!

Das ist eher ungewöhnlich für die einstige Schüler-Garagen-Band, die mit ihrer Kraut- und Progressive-Rock Erfahrung zur NDW Zeit am erfolgreichsten war, eigene Akzente setzte, eine Band, die immer da war, sich nie aufgelöst und deshalb auch nie reformiert hat. Aber mit der durchschnittlichen Schlagzahl von 1 bis 2 Gigs per Jahr in den letzten 20 Jahren hat man sich auch nicht gerade tot gespielt. Trotzdem hat die Band viel mehr Leute erreicht als mit 20 bis 30 Kneipengigs pro Jahr. Der geniale Trick des Keyboarders, Mastermind und Veranstaltungs-Fuchs Michael Bernd, sich als „Co-Headliner“ zu positionieren hat neben der immensen Publikumsreichweite den Vorteil, dass die Vorgruppe schon feiert, während die Hauptgruppe noch spielt. Und bei den Haupt-Acts hat Michael ja bekanntlich ein feines Händchen. Über das Zeltinger Comeback im Greyhound, Grobschnitt in der Stadthalle, bis hin zum allerletzten Gig der Kult-Band Kraan. Man kann gar nicht alle Mega-Events aufzählen und immer hat Zweistein als Support mit abgeräumt. Jetzt, im Jubiläumsjahr des ersten Auftritts der Norf-Weckhovener Formation anno 1976 in einem Norfer Jugendheim, kehrt man stilgerecht ins Mekka der heimischen Rockbands zurück, dem Haus der Jugend. Hier, wo die Live-Musik-Szene seit einem halben Jahrhundert ihr Zuhause hat, lieferte Zweistein den ersten richtig „ernsten“ Gig ab. Ein Jubiläum mit dem passenden Motto: „Back To The Roots!“ Auch bei dem Gig sind sie lieber Silber statt Gold.

Vibravoid live im Haus der Jugend, Sa. den 05.03.16 Support: Zweistein

Die Headliner sind diesmal allerdings keine alten Hasen, sondern Underground-Stars der Jetzt-Zeit. Deren international erfolgreiches Debut-Album „2001“ war der Start einer absolut unkonventionellen, psychedelischen Reise durch Zeit und Raum. Nach europaweiten Konzerten voller Ekstase und mit beeindruckender Retro-Lightshow, werden sie auch bei uns unvergessliche Spuren in unserer Psyche hinterlassen.

Die Düsseldorfer Formation um den Gitarristen „Doktor“ Koch schafft Außergewöhnliches, nicht nur musikalisch. Berühmt in Italien und verehrt in Griechenland, eigentlich in der gesamten EU, sind sie in England in der Tradition von Kraftwerk und der Krautrock Legende Faust nicht nur bestens bekannt, sondern sogar „Charts erprobt“, wie es so schön heißt. Wenn man Vibravoid nicht kennt, passt das genau zur „Der Prophet im eigen Lande“-Theorie. Ist aber nicht dramatisch, weil die Neusser, vom Mainstream gelangweilten Rockfans jetzt in die Zeitmaschine steigen dürfen. Sie können in der wilden, psychedelischen Welt des Sommer der Liebe 1967 und den folgenden Zeiten verweilen und das hier und jetzt am Hamtorwall. Ihre Songs, ihre Performance, ihre Visualisierungen (aber auch die bunten Vinyls) sind in der Indie-Szene der Renner. Wie die Jungs das machen? Sie leben den Aufbruch der End-60er weiter, mit Psychodelia, Space-, Acid- und einer Schippe Kraut-Rock. Benutzen wir noch mal die Zeitmaschine und landen dort, wo Vibravoid scheinbar „schock-gefrostet“ wurde. Damals läutet Syd Barrett mit einer LSD-Überdosis seinen Abgang bei Pink Floyd ein. Aus Floyd wird eine Bombast-Rock-Band. Die Band Hawkwind feuert ihren Lemmy „Spacemachine“ Kilminster und gründet damit indirekt sein Rache-Projekt Motörhead. Der Ruf des Genies David Bowie: „Ground-Control To Major Tom!“, verhallt im All. Während Iron Butterfly neben „In A Gadda Da Vida“ kein weiterer Song einfällt und in Deutschland aus der Kultband Can emeritierte Professoren werden, sind Vibravoid deep frosted. Sie mussten den ganzen 80er und 90er Quatsch nicht erleben oder ertragen und perfektionieren jetzt als die wahren „Piper At The Gate Of Down“ im neuen Jahrtausend die „New Psychodelia“. Übrigens: Vibravoid lassen gern den einen oder anderen Klassiker ihrer psychedelischen Helden in ihr Set einfließen. Was sie ob der Überzeugungskraft der eigenen Werke eigentlich nicht nötig haben.

Beim Edel-Support Zweistein gibt es diesmal neben Dauergast Potter vom Düsseldorfer Königshaus Überraschungs-Jubiläumsgäste XXL. Was mich den Bogen zur zweiten Jubel-Veranstaltung im März schlagen lässt. Wieder ein typisches Michael Bernd Event und wieder mal typisch anders. Ein Mini-Festival, mitten in der Woche und quer durch den Garten des Rocks.

Melanie Dekker, Zweistein, Jack Beton & The Mörtels und Parrot Movement live im Gymnasium Norf, Di., 15.03.16

Der Top-Act des Abends, Melanie Dekker aus Vancouver, Kanada, war Mitte der 90er in ihrer Heimat eine Ikone diverser Country-Cover-Bands, bevor ihr eine Stimmbanderkrankung eine Zwangspause verordnete. Diese nutzte sie zur kreativen Neuorientierung. Die ausgebildete Sängerin und Gitarristin schrieb nun ihre eigenen Songs, welche im Spektrum zwischen Folk Rock und Singer/Songwriter zu verorten sind. Zwar wurde sie im bevölkerungsmäßig kleinen Kanada mit ihren neuen Songs schnell sehr populär, aber der übliche Weg der kanadischen „Independent Artists“ entweder über die USA, Frankreich oder Großbritannien den Rest der Welt zu erobern, blieb ihr verschlossen. Bis sie vor einigen Jahren im Showprogramm eines kanadischen Ski-Ressort von deutschen Veranstaltern entdeckt und überredet wurde, nach Europa zu kommen. Seitdem entert sie mit stetig wachsender Resonanz auf einer alljährlichen Tour die europäischen Bühnen. Diesmal ist sie in Norf auf der Bühne. Unter anderem, weil sie zuvor einen mehrtägigen Workshop für die Oberstufe des Gymnasiums gegeben haben wird! Als Support werden Zweistein uns wieder mal mit ihren Überraschungsgästen total Banane rocken. Später, bei einem Glas Bier werden sie sich mit etwas Stolz weiter wundern, warum ausgerechnet ihre „Sanella“ Vinyl-Single auf discogs.com und anderen Portalen je nach Zustand für zwischen 75 und 3.640 Euro feilgeboten wird. Den Norfer Schüler-Newcomern Parrot Movement hingegen wird es wohl genügen, ihr Können an der legendären Lehrer-Cover-Band Jack Beton & The Mörtels gemessen zu haben.

Tickets an den bekannten Vorverkaufsstellen, Restkarten (eventuell) an den Abendkassen.