Diesen König werden wir feiern

27. August 2015 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Am 2. September 2014 ließ der 22. Schuss aus Markus Reipens Gewehr den Holzvogel zersplittern: der damals 42-Jährige hatte sich gegen seine drei Konkurrenten, unter anderem seinen Vater, durchgesetzt und war der neue Neusser Schützenkönig! Fast ist dieses besondere Jahr nun für ihn vorbei. Und wie war es?

Seine Majestät hat wenig Zeit. Sehr wenig. Aber es wäre auch verwunderlich, wenn dies anders wäre. Zweimal musste unser Treffen verschoben werden, beim dritten Mal suchen wir ihn in seiner Firma „Egon Reipen & Sohn“ auf. Bis auf das Bild seiner Mobiltelefon-Schale, welches ihn im vollen Ornat zeigt, deutet im Büro des Malers und Geschäftsmanns nichts auf seine Amtszeit hin. Und das, obwohl Reipens Corps, die Scheibenschützen, in diesem seinem Königsjahr das 600. Jubiläum feiert. Nicht nur das lässt vermuten: Hysterie ist nicht das Ding des Schützenkönigs, Anpacken schon eher. Seit 15 Jahren ist er Scheibenschütze, vorher kannte man ihn als musizierendes Tambourcorps-Mitglied. Dort spielte er Trommel und später auch die Lyra, das Metallophon der Marschkapellen, welches als Glockenspiel die prägnanten Töne angibt. Wenn man Markus Reipen betrachtet, kommt einem spontan der Gedanke: Ton angeben, auf die Pauke hauen – ja, das passt. Im Gespräch zeigen sich dann aber andere Facetten: Reipen ist souverän, kommunikativ, offen und witzig.

Ist er traurig, dass sich die Zeit als Neusser Schützenkönig dem Ende nähert? „Nö!“, erwidert er prompt. „Wieso soll ich traurig sein? Das war ja von Anfang an klar, dass das Jahr irgendwann vorbei ist. Umso weniger will ich es missen. Das war ein wirklich tolles Jahr, von dem meine Frau Susanne und ich fantastische Eindrücke behalten. Wir haben viele herzliche Menschen kennen gelernt und wunderschöne Augenblicke mit ihnen erlebt. Und diese Kontakte werden nach dem Jahr als Schützenkönig ja auch bleiben“, ist er sicher. Jubiläen, Feste, Krönungen – knapp zweihundert Einladungen ist das Königspaar bislang gefolgt. „Bis zum Ende der Amtszeit werden es wahrscheinlich so um die dreihundert sein“, vermutet Markus Reipen. „Und jede einzelne davon war und ist etwas Besonderes. Das ganze Schützenkönig-Jahr ist eine einzige Bereicherung für mich. Früher war ich immer eher schüchtern und nervös, wenn ich vor anderen Leuten reden oder in der ersten Reihe stehen sollte. Das ist jetzt anders. Heute bin ich lockerer und auch schlagfertiger. Ich weiß noch, wie das alles begann, der Moment als der Vogel fiel. Es brach sofort Jubel aus. Wildfremde Leute kamen und beglückwünschten mich. Und mein erster Gedanke war: Hoffentlich mögen die dich alle! Was machst du jetzt, wie gehst du damit um? Und dann hab ich mir gesagt: du bleibst einfach so wie du bist“, gewährt Markus Reipen erfrischend sympathische Einblicke in seine ersten königlichen Gedanken.

Ausgrenzung hat auf dem Schützenfest nichts verloren

Die drehten sich später auch um ganz andere Sachen. So initiierte er gemeinsam mit Reitersieger Axel Hebmüller tatkräftig „Das etwas andere Schützenfest“, welches dieses Jahr erstmals und ganz im Sinne der Integration stattfindet. Am Sonntag, 16.8., findet nach dem Königsehrenabend ein durch Spenden finanzierter Jahrmarkt auf dem Münsterplatz statt – für Alt und Jung, Bunt und Farblos, Schwarz und Weiß, Dick und Dünn, für Was-weiß-ich-denn und Das-weißt-du-nicht. Botschaft: Ausgrenzung hat auch auf dem Neusser Bürger-Schützenfest nichts verloren.

Für Markus Reipen eine grundlegende Sache im Alltag. „Ich stelle immer häufiger fest, dass der faire Umgang untereinander, das Miteinander mit Respekt immer mehr verloren geht. Dabei ist das so wichtig! Ein Schützenfest ist auch deshalb ideal, weil wir dort alle gleich aussehen: Ärzte, Handwerker, normale Arbeiter, egal wer, stehen alle zusammen, feiern und verbringen gemeinsam eine gute Zeit. Es ist eigentlich schade, dass wir uns dafür verkleiden müssen. Da können sich meiner Meinung nach viele Menschen und Politiker in der ganzen Welt eine große Scheibe von abschneiden.“

Auch deshalb wird er sein Königsjahr sicher gebührend im Kreis seines jubilierenden Corps und aller Neusser Schützen bis zum Ende genießen. Doch auch für die Zeit danach hat er schon wieder Pläne. In den letzten Monaten fiel es dem leidenschaftlichen Motocross-Fahrer und ehemaligen Deutschen Amateurmeister nämlich eher schwer, mit seinem getunten LC4-Gespann zum wöchentlichen Training nach Belgien oder Holland zu fahren. „Das habe ich zwar oft geschafft, aber nach dem Schützenfest ist dafür natürlich wieder mehr Zeit. Im Winter geht es dann mit dem ganzen Equipment nach Spanien. Das ist immer eine wunderschöne Tour.“ Vorher erwartet Seine Majestät Markus I. aber noch das große Finale seiner Regentschaft mit dem Neusser Bürger-Schützenfest. Eines ist klar: Diesen König werden wir feiern.