„Ons Nüss-Helau!!!“

30. Januar 2015 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Der Neusser Karneval ist ein junges Brauchtum

„Der Neusser Karneval ist auf gesellschaftlicher Ebene auf Augenhöhe mit dem Schützenwesen“, erklärt der Präsident des Neusser Karnevalsausschusses (KA) Jakob Beyen. Der Chef des Dachverbandes der Neusser Karnevalisten setzt einen Schwerpunkt in der Jugendarbeit und gründete vor fünf Jahren den Arbeitskreis Jugendkarneval (Juka), um durch gemeinsame Aktionen und Treffen die Zusammenarbeit der Vereine zu fördern.

Gut 600 Jugendliche unter 16 Jahren sind Mitglied in den 20 Vereinen innerhalb des KA und stellen damit ein beachtliches Potential dar. Die meisten der jungen Karnevalisten sind in den acht Garden der Stadt aktiv und dort stellen die Mädchen ganz klar die Mehrheit. Da überrascht es nicht, dass auch der Juka mit jungen Frauen besetzt ist. Alle blicken auf eine eigene lange Karriere als Tanzmariechen zurück, einige stehen bereits seit über 20 Jahren auf den Bühnen und begeistern ihr Publikum mit akrobatischem Gardetanz. Durch ihre Zusammenarbeit sind die Garden näher zusammen gerückt und die ehemalige Rivalität ist verschwunden.

Das gemeinsame Projekt „Juka“ hat bereits Früchte getragen,denn jedes Jahr wird eine aus allen Garden bestehende, gemischte Tanzgarde gebildet, die einen Tanz einstudiert und auf den Bühnen präsentiert. Das schweißt sie zusammen. „Der Tanz verbindet alle und wir haben heute eine sehr gute vereinsübergreifende Zusammenarbeit!“, erklärt Claudia Breuer-Heck von den Blauen Funken. Sie übernahm bereits als Schatzmeister der Funken Verantwortung und ist Teil des Vorstandes und außerdem Trainerin der Fünkchen. Mit elf Jahren startete sie ihre Laubahn als Tanzmariechen und die Freude am Gardetanz hält auch heute nach 20 Jahren noch an. „Für uns bedeutet das Tanzen mehr als Sport, wir sind eine richtige Funkenfamilie geworden“, erklärt sie.

Zweimal in der Woche trainieren sie für ihre Auftritte, studieren neue Choreographien ein und steigern ihre eigene Leistung. „Ich kann beim Training so richtig gut abschalten und runterkommen“, meint Michaela Tillmann von der Kaarster Narrengarde. Sie startete mit sieben Jahren beim TSV Norf, bestritt viele Wettkämpfe und ist seit 12 Jahren Trainerin bei der Narrengarde, die aktuell in ihren drei Altersgruppen 50 Tänzerinnen auf die Bühne bringen. Stolz ist sie auf ihren einzigen Gardetänzer Pascal, der in dieser Session zu ihnen gestoßen ist, denn Jungen sind nur selten für das Tanzen zu begeistern. Viele Mädchen fangen bereits mit drei oder vier Jahren mit dem Training an, die Begeisterung für die Tanzgarden steckt ihnen im Blut.“Das Herz ist einfach mit dabei!“, erklärt Cornelia Breuer-Heck. Mit ihrer eigenen Begeisterung hat sie auch ihre eigenen Kinder angesteckt, sodass die auch schon fleißig trainieren.

Jill Pakulat ist erst drei Jahre alt und damit die jüngste unten den Neusser Tanzmariechen. „Jill hat schon vor ihrer Geburt auf der Bühne gestanden und für sie war ganz früh klar, dass sie in meine Fußstapfen treten wird“, erzählt Jill´s Mutter Daniela stolz. Selbst hat sie erst mit 17 zum Gardetanz gefunden, heute trainiert sie die Mädchen der Närrischen Pudelbande und mit ihnen ihre beiden Töchter Jill und Angelina (11). Jill trainiert einmal pro Woche und ist stolz, dass sie schon fast den Spagat richtig hinbekommt.

Der kleine Wildfang ist ständig in Bewegung und übt auch manchmal allein die Schritte und denkt dabei an ihre Haltung. Manchmal muss der Pudelbär mitmachen, der hat natürlich auch eine schmucke Uniform an und sieht aus wie ein „bäriges“Tanzmariechen. „Bei uns steht der Spaß an oberster Stelle und davon gibt es bei den Mädchen jede Menge“, erklärt Daniela Pakulat. Auftritte, bei denen sie zeigen können, was sie im Laufe der zeit einstudiert haben machen allen große Freude, besonders, wenn es zu den Senioren in die Altenheime geht. „Die alten Leute freuen sich immer ganz besonders, wenn unsere Mädchen zu ihnen kommen und etwas vortanzen“, so Daniela Pakulat.

Kinderprinz mit Schützenwurzeln

An der Spitze der jungen Karnevalisten steht das Kinderprinzenpaar, das von den Blauen Fünkchen gestellt wird. René III. und Anna-Lena I. sind mit Begeisterung im Amt und meistern dies souverän. Der Neusser Kinderprinz wohnt in Vogelsang und geht in die fünfte Klasse der Janusz-Korczak-Gesamtschule. „Als mich meine Mutter fragte, ob ich Kinderprinz werden wolle, habe ich sofort ja gesagt. Das fand ich immer schon schön!“, erklärt der Elfjährige strahlend. „Es macht mir sehr viel Spaß, auf den Bühnen zu stehen und unser Prinzenlied zu singen!“, meint René, am schönsten sei aber die Prinzenproklamation gewesen. Eine Karriere als Gardetänzer kann er sich bei aller Freude über sein Amt jedoch nicht vorstellen, seine Ambitionen gehen eher in Richtung Edelknabenkönig und Jungschützenkönig auf der Furth. Dort ist er im Tambourcorps TC St. Hubertus aktiv. Seine Prinzessin Ana-Lena kennt er bereits seit einiger Zeit, denn die tanzt mit seiner Schwester Kerstin bei den Blauen Fünkchen. Die Neusser Kinderprinzessin ist, obwohl sie erst neun Jahre ist, eine erfahrene Gardistin und schon seit vier Jahren als Tanzmariechen auf den Bühnen zuhause. „Ich wollte schon immer Tanzmariechen sein, das war auch das einzige Kostüm, das ich anziehen wollte!“, berichtet sie.

Viel los im Einkaufscenter

Bereits zum vierten Mal organisiert der Juka im Neusser Rheinparkcenter den Kinderkarneval (7.2.), bei dem alle Tanzgarden das Programm gestalten und zusätzlich für beste Unterhaltung der kleinen Gäste sorgen werden. Wieder dabei sind auch Kinder der Albert-Schweizer-Grundschule und des AWO-Kindergartens. Sie wollen die Zuschauer mit eigenen Auftritten erfreuen. Zuvor finden am 4., 5. und 6. Januar jeweils ab 17 Uhr im Rheinparkcenter die kreisweiten Kindertanztage statt, an den 220 junge Akteure antreten und ihre aktuellen Garde- und Showtänze präsentieren.

Der Nachwuchs in den Reihen der Tanzgarden scheint gesichert, wie überall im Lande ist aber auch in der Neusser Bütt Rednernachwuchs absolute Mangelware. Der KA strebt nun eine Kooperation mit den Neusser Schulen an, um über die Mundartpflege Kinder für die karnevalistische Redekunst zu gewinnen. Als Vorbild könnte da die Düsseldorfer Aktion „Pänz in de Bütt“, die Josef Hinkel als Prinz Karneval 2008 ins Leben gerufen hat, dienen.

Wer bei den Neusser Karnevalisten mitmachen will, ist herzlich willkommen und einfach mal reinschnuppern kostet nichts! Für alle anderen steht jetzt im Februar der Straßen- und Kneipenkarneval und der große Kappessonntagszug an, der durchaus genauso viele Zuschauer hat, wie die Sonntagsparade der Schützen.