20 Jahre TAS: „Fiese Matenten“ zum Saisonstart – Metropolenfieber im Quirinusreich

30. September 2014 | Von | Kategorie: Neusser Kultur, Neusser Leben

Zwei Dekaden ist es her, da machte sich eine kleine Truppe freischaffender Künstler und Theaterbegeisteter auf, die Theaterszene im beschaulichen Neuss am Rhein ein bisschen aufzumischen. Der 1988 gegründete “Eigen-art e.V.” zieht in eine ehemalige Lackfabrik im Barbaraviertel; das “Theater am Schlachthof” ist geboren. Ob im Karneval, Kabarett oder in der Komödie, seither wird von hier an lokalen Themen heftig gerüttelt und „Nüsser Gedankengut“ kreativ humorvoll beäugt und aufgemischt. Im TAS steht die Quirinusstadt auf dem Prüfstand, kommen verdrängte Geschichten der Vergangenheit ans Tageslicht und Missetaten der Gegenwart zur Sprache. Kaum verwunderlich, dass es zum Saisonstart des Jubiläumsjahrs um das Amt des Bürgermeisters geht: „Fiese Matenten“ heißt die neue Komödie der TAS-Kreativen Jens Spörckmann und Markus Andrae, die lustvoll pointenreich das heiß begehrte Amt perforiert.

Was ist Neuss ohne „STUNK!“ und wer brennt durch, wenn nicht „Dat Rosi“? Und wo kann sich der Neusser Bürger besser über geheime Machenschaften und gewichtige Fehden der Amtsträger in der Quirinusstadt informieren als bei Hausmeister Jupp Schwaderath oder Archivar Alfred Sülheim in der Rathauskantine? Im TAS an der Blücherstraße kommen alle brisanten Themen der Stadt auf den Tisch, bzw. auf die Bühne. Ein Thema, an dem hier und jetzt nichts vorbeigeht daher: Wie wird man in Neuss Bürgermeister? Wer nach dieser Position strebt, das ist klar, der oder die muss sich was einfallen lassen, um sich von den Mitstreitern deutlich abzuheben. Anwärter auf das heiß begehrte Amt gibt es genug. Charisma ist wichtig, Lokalkolorit unverzichtbar. Aber das allein reicht nicht aus.

.
Wählbare Wahrheit generieren
Das weiß auch Dr. Christoph L. Küppers. Um seine Chancen steht es nicht sehr gut, denn er ist aus der Kirche ausgetreten, schon als Student, um die Kirchensteuer zu sparen. Auch wenn er gut aussieht und reden kann, man kennt ihn hier kaum. Das Schlimmste allerdings im Reich der Schützen ist: Er kann nicht schießen. Aber er hat einen Doktortitel, das ist schon einmal ein Ansatz. Zumal er die einflussreiche Industriellenwitwe Frau Salz für sich gewinnen kann und auf die Unterstützung einer versierten Wahlkampfhelferin baut. So sitzt man zusammen, um „wählbare Wahrheit“ zu generieren. Doch eins ist klar, eine Vision muss her, die die Neusser Bürgerschaft mit sich zieht.
Wie wäre es mit dem Ausbau, besser der Vollendung des Nordkanals, mit der Schaffung einer gigantischen Wasserstraße, die Neuss an Kaarst bindet, ans gesamte Rheinland, gar an ganz Deutschland und Europa. Sicher, die Verschuldung wäre exorbitant. Aber das wiederum hat Metropolencharakter. Berlin hat seinen Flughafen, Hamburg die Elbphilharmonie, Stuttgart seinen Bahnhof. Aber Neuss? Neuss hat den Nordkanal! Das ist die Idee für das Neusser Bürgermeisteramt, die Quirinusstadt endlich zur Weltmetropole zu erheben. So beschließt Dr. Christoph L. Küppers, der Bau des Nordkanals hat nie aufgehört und mit 200 Jahren Bauzeit toppt er alle anderen Bauruinen Deutschlands.

.

Ohne Neusser Klüngel läuft es nicht
Der Plan ist perfekt. Zumal Frau Salz auch die besten Kontakte zur Presse hat, diniert sie doch des Öfteren mit dem Chefredakteur der größten Tageszeitung vor Ort. Das liegt hier gewissermaßen seit langem in der Familie, sich für die „Freiheit der Presse“ einzusetzen. Was soll da noch schiefgehen? Wäre da nicht der Neusser Klüngel. Jeder kennt jeden und ist irgendwie auch mit allen verwandt. Dazu kommen die Fehler der Vergangenheit, die sich mehr und mehr nach oben spülen und den umjubelten Politiker Stück für Stück demontieren.
„Fiese Matenten“ heißt das Stück aus der Feder der TAS-Macher Jens Spörckmann und Markus Andrae (auch Regie). Eine weitere Eigenproduktion der Kulturstätte, die die Genre Komödie und Kabarett verbindet. Ein heiterer, spitzfindig unterhaltsamer Abend, der sich historischen und stadtpolitischen Anstößen bedient, um augenzwinkernd Neusser Treiben, den niederrheinischen Pragmatismus und die Nüsser Seilschaften auf die Schippe nimmt. Lachen vorprogrammiert.
(Weitere Infos unter www.tas-neuss.de)