Fit für den Klimawandel

13. Mai 2014 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Investition in die Neusser Zukunft: Neuss nimmt an einem Forschungsprojekt teil

Der Klimawandel ist in Europa bereits spürbar: die Winter sind milder, die Sommer heißer, manche Länder sind von Hitze- und Dürreperioden ebenso betroffen wie von Starkniederschlägen und Überschwemmungen. Auch in Deutschland kennen wir solche Wetterkapriolen. Und das wird in den nächsten Jahren sicher nicht besser. Die Stadt Neuss ergreift daher schon heute Maßnahmen, um den Folgen des Klimawandels begegnen und die Lebensqualität der Neusser erhalten zu können. Sie nimmt für ein Jahr an einem Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums teil.

Wir erwarten in den nächsten Jahrzehnten eine Temperaturzunahme von bis zu vier Grad. Das wirkt sich dann nicht nur auf die Länder des Südens aus, sondern auch auf uns“, erklärt Dagmar Vogt-Sädler, die Leiterin des Neusser Umweltamtes. Der Klimawandel werde massive Auswirkungen auf das Wetter, die Grundwassersituation und die Biodiversität, also die Natur mit ihren vielfältigen Tier- und Pflanzenarten haben. Und so sieht sie sich vor die Frage gestellt: „Wie kann sich die Stadt und die Stadtplanung diesen Veränderungen anpassen und kostensparend wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen?“ Antwort geben soll nun das Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums, an dem Neuss seit März als Pilotkommune teilnimmt. Die Kosten trägt zur Hälfte der Bund, und wissenschaftlicher Partner ist das Geographische Institut der Ruhr-Universität Bochum unter der Leitung von Dr. Monika Steinrücke. Gemeinsam soll ein Maßnahmenkatalog entwickelt werden für eine dem Klimawandel angepasste Stadtplanung bis zum Jahr 2050. „Das passt auch sehr gut zur derzeitigen Neuaufstellung des Flächennutzungsplans“, findet Umweltdezernent Christoph Hölters. „Wir satteln auf mit einer Überprüfung, ob die bisherige Planung ausreicht oder ob noch mehr passieren muss“.

Probleme und Chancen

„Neuss hat kein schlechtes Klima, aber in 50 Jahren sieht das ganz anders aus. Wir müssen den Leuten verständlich machen, das wir jetzt schon anfangen müssen, dagegen zu steuern“, so Monika Steinrücke von der Ruhr-Uni Bochum. Heute würden die Menschen noch jeden Sonnentag genießen, aber in Zukunft könnte die Wärmeentwicklung unerträglich werden und dazu führen, dass die Leute im Sommer in Scharen die Stadt verlassen wie das häufig schon in südlichen Ländern der Fall sei. Außerdem würden die Belastungen gerade für alte und chronisch kranke Menschen, Kinder und Schwangere steigen. „Wir müssen nun herausfinden, wo wir handeln müssen, wo die Belastungsgebiete in Neuss sind und was wir in diesen Bereichen tun können“. Die Bochumer Klimatologen simulieren die möglichen Szenarien anhand von Klimamodellen, die sie eigens dafür herstellen. So kann etwa festgestellt werden, wo es städtische Wärmeinseln und Frischluftkorridore gibt und wo Kaltluftpotenziale genutzt werden können. Umweltamt-Leiterin Dagmar Vogt-Sädler sieht etwa im Neusser Norden, im Barbaraviertel, Handlungsbedarf, weil dort jetzt schon ein hoher Belastungsgrad bestehe. Dagegen sei der Neusser Süden mit seinen zahlreichen Grünflächen unproblematisch. An sich stehe Neuss aber ganz gut da: „Wir sind schon seit den 90er Jahren mit den Fragen des Stadtklimas befasst. Bei uns wird zum Beispiel jede Baumaßnahme zu 100 Prozent und mehr ökologisch ausgeglichen. So haben sich die Grünflächen in Neuss deutlich vergrößert.“ Auch habe die Stadtplanung bisher die Freihaltung klimatologisch wichtiger Flächen berücksichtigt. Chancen sieht Vogt-Sädler zudem in einer weiteren Verbindung ökologisch „wertvoller Gebiete“. Projekt-Leiterin Steinrücke nennt weitere Möglichkeiten, dem Klimawandel zu begegnen: „Im Kleinen fängt das mit der Gestaltung der Häuser an. In heller Farbe gestrichen, heizen sie im Sommer weniger auf, auch eine Fassaden- oder Dachbegrünung wirkt sich günstig aus.“ Im Großen könnten dann ganze Stadtviertel umgestaltet werden, in dem kleine Parks und Grünflächen geschaffen werden. Unter dem Stichwort „Akteursbeteiligung“ sollen daher möglichst viele Neusser Interessengruppen wie Wohnungsbau- und Planungsgesellschaften, Architekten, betroffene Ämter und Einrichtungen sowie die Neusser Bürger selbst in das Projekt mit einbezogen werden, um die Akzeptanz für die zukünftigen Pläne und deren Umsetzung zu erhöhen. Vogt-Sädler blickt jedenfalls optimistisch in die Zukunft: „Wir sind eine der wenigen Städte, die sehr zielgerichtet diesen Bereich verfolgen.“ So wird dann hoffentlich auch in den nächsten Jahren ein gutes Klima in der Quirinusstadt herrschen.