Die neue Geschichtensammlung von Thomas Brandt: „Das Gedächtnis der Dinge“

8. April 2014 | Von | Kategorie: Neusser Leben

„Viele Dinge haben einen geradezu magischen Charakter“

Rund 80 Erzählungen hat Thomas Brandt zusammengetragen. In seiner Anthologie „Das Gedächtnis der Dinge“ lässt er Menschen aus seinem Bekannten- und Freundeskreis – darunter auch viele Neusserinnen und Neusser – von Gegenständen erzählen, die in ihrem Leben eine besondere Bedeutung haben. Sie sind verbunden mit vergangenen Zeiten, mit Erinnerungen an Menschen, Orte oder Erlebnisse und mit oft sehr persönlichen Gefühlen. Die Fotografin Hanne Brandt hat die meisten dieser Erinnerungsstücke dazu passend einfühlsam in Szene gesetzt.

Gegenstände sind für mich immer schon von großer Wichtigkeit“, sagt der freischaffende Künstler und Autor Thomas Brandt auf die Frage wie ihm die Idee zum „Gedächtnis der Dinge“ gekommen ist und lacht: „Ich fliege darauf – und ich liebe Geschichten.“ Außerdem war dieses Projekt für den früheren Leiter des Kulturforums Alte Post eine schöne Gelegenheit, einmal mit seiner Tochter, der Fotografin Hanne Brandt zusammen zu arbeiten. „Sie beherrscht gerade die feinen Strukturen und Farben so gut, da war das die ideale Kombination. Denn es ging darum, jedem Ding durch die Fotografie seinen eigenen Ernst, seine eigene Würde zu geben.“ Dafür wurde dann auch für drei Wochen mal eben das Wohnzimmer im Hause Brandt zum Foto-Atelier umgewandelt. Zu jeder Erzählung gibt es nun ein sorgfältig und ästhetisch inszeniertes Foto, das den Gegenstand nicht nur porträtiert, sondern auch seinen besonderen Charakter einfängt. Das ist schön anzusehen, aber auch durchaus nützlich, denn manches Mal wird in den Geschichten von Dingen erzählt, die man so noch nie gesehen hat. Wer kennt etwa heute noch ein Gerät, mit dem man früher feine Lederhandschuhe nach der Wäsche wieder in Form gebracht hat? Wer weiß wie ein „FlügelDosenÖffner“ aus (Ur-)Großmutters Zeiten aussieht? Oder was ein „Falzbein“ ist?

„Dinge mit verborgenem Sinn“

Meistens sind es gar keine Kostbarkeiten, um die es in den vielen Erzählungen geht. Ja, für den Außenstehenden sind sie vielfach sogar wertlos. Eine Plastik-Gießkanne in Entenform, eine zerschlissene Badehose, ein Säckchen gefüllt mit Urlaubserinnerungen, ein Koffer. Aber bei der Lektüre wird schnell klar, dass es darauf gar nicht ankommt. Wichtig ist nur ihre Bedeutung für den jeweiligen Besitzer: „Die Dinge stehen alle für etwas. Sie sind Platzhalter für ein tiefes Empfinden, für Erinnerungen an bestimmte Erlebnisse, Begegnungen und Ereignisse“, so Brandt. „Es geht um das Leben mit allem, was dazu gehört – Liebe und Glück, Enttäuschungen und Schmerz.“ So vielseitig wie das Leben sind nun also auch die Erzählungen, die Brandt gesammelt hat. Meistens sind sie von den Erzählenden selbst verfasst worden, manche haben ihre Geschichte von Brandt aufschreiben lassen. Sie lesen sich mal heiter und humorvoll, mal nachdenklich, rührend oder sogar traurig, aber auch zuweilen spannend. Auf alle Fälle regen die Texte zum Nachdenken an, denn unwillkürlich überlegt man selbst, ob es nicht auch im eigenen Leben so ein „Ding“ gibt, das mit wichtigen Erinnerungen oder Emotionen verbunden ist und so eine eigene Geschichte erzählt.

Neusser erzählen

Fast 80 Menschen im Alter von 25 bis 90 Jahren, mit unterschiedlichen Berufen und auch unterschiedlicher Herkunft hat Thomas Brandt um ihre Mitwirkung an der Anthologie gebeten. Er selbst hat zwei Geschichten verfasst: „Große Erwartungen an kleine Eier“ über eine Bonbon-Blechdose mit ungewöhnlichem Inhalt und „Von der Erfindungskraft des Mangels“ über einen besonderen Handfeger. Aber Brandt hat auch viele seiner Neusser Kontakte genutzt. So schreibt der Künstler Michael Kortländer über eine Holzlatte, Jens Metzdorf, der Leiter des Stadtarchivs über das Silberbesteck seiner Familie, der Architekt Rudolf Küppers über einen „Löffel mit sieben Buchstaben“, der Fotograf Thomas Mayer über die Wanduhr seiner Mutter und der frühere Musikprofessor Dr. Wilhelm Schepping über einen Koffer. „Ich finde, es ist ein ideales Buch, wenn man berührt werden will. Mit sich selber, mit dem Leben und der Geschichte“, sagt Brandt. Seine persönliche Lieblingsgeschichte hat übrigens sein Bruder Jobst Schnibbe geschrieben, verrät er: „In „Pullover“ geht es um unsere Mutter, die Geschichte verbindet uns beide sehr.“ Am 6. April und am 11. Mai jeweils um 15.30 Uhr stellt er „Das Gedächtnis der Dinge“ im Hitch-Kino vor (Karten unbedingt vorbestellen!), und am 7. April liest er um 19.30 Uhr im Bücherhaus am Münster.

„Das Gedächtnis der Dinge“, hrsg. von Thomas Brandt erscheint in der „Edition schwarzbach“ von Jan van der Most und kostet 26,90 Euro. Die Anthologie ist erhältlich unter www.thomas-brandt-kunst.de/online-buchbestellung.html oder im Buchhandel mit der ISBN-Nr. 978-3-9814726-4-6.