Shakespeare Festival in der 24. Auflage – Lyrikabend mit Bühnengröße Katharina Thalbach

1. April 2014 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

 

Vor 450 Jahren ist er geboren, der Wortmeister aus Stratford-upon-Avon. Ein Grund mancherorts ein Fest ins Leben zu rufen. In Neuss braucht man diesen besonderen Anlass jedoch zum Feiern nicht, denn hier wird Shakespeare seit über zwei Dutzend Jahren im Sommer alljährlich geehrt. Vom 19. Juni bis 19. Juli wird auch in diesem Jahr wieder einen Monat lang das Glöckchen am Neusser Globe Theater erklingen, um die Vorstellungen des Shakespeare Festivals einzuläuten. Das diesjährige Programm ist üppig und vielschichtig bestückt: Dichtkunst von Katharina Thalbach, Jazz von Caroll Vanwelden & Band und selten gespielte Stücke wie „Coriolanus“ und „Pericles, Fürst von Tyrus“ werden im Rennbahnpark zu sehen sein.

Der Zuspruch und die Einzugsgebiete sprechen für sich: Lange ist das Neusser Shakespeare Festival weit über die Grenzen der Quirinusstadt bekannt und findet seine Besucher aus rund 150 Städten. Im vergangenen Jahr konnte ein Besucherrekord von knapp 15.000 Zuschauern verzeichnet werden und eine Auslastung von 96 Prozent. Kein Wunder, denn seinesgleichen sucht man deutschlandweit vergebens. Die feine Auswahl von Werken in unterschiedlichen Sprachen und mannigfaltigen Interpretationen dient sowohl Einsteigern wie Experten des Festivals den Zugang zum Theater der elisabethanischen Zeit zu finden, zu vertiefen oder neu zu entdecken. 32 Aufführungen in Englisch, Deutsch, Spanisch und Ungarisch werden im Sommer 2014 geboten, darunter zwei kaum gespielte Inszenierungen. Zwei seiner acht Glücksfälle, wie der Neusser Kulturreferent und Programmmacher Dr. Rainer Wiertz berichtet. Shakespeare schön und schaurig, so bringt die Bremer Shakespeare Company am 29. sowie 30. Juni und am 1. Juli „Perikles, Fürst von Tyrus“ auf die Bühne. Thomas Weber-Schallauer zeigt Shakespeares spätes Werk als stimmungsvollen Reisebilderbogen mit vier Schauspielern und drei Puppen. „Die Puppen sind so toll, dass man nach gewisser Zeit nur noch auf diese schaut, auch wenn die Schauspieler dahinter stehen“, so Dr. Wiertz. Die unglaubliche Lebensreise des Protagonisten, geprägt durch Prüfungen und Schicksalsschläge, wird hier graziös, heiter, aber auch melancholisch in Szene gesetzt. Eine Geschichte von Verrat und Flucht, Sturm und Schiffsbruch und einer wundersamen Rettung, in der auch die Liebe nicht fehlt.

Ebenfalls in 25 Jahren Shakespeare Festival erst einmal zu sehen gewesen, ist das Stück „Coriolanus“ bzw. im Festival „Korijolánusz“, eine Adaption aus Ungarn. Ein Glücksfall, da eine Rarität. Aber auch deswegen, so Wiertz, „da dieser Regisseur Csaba Polgár es auf die aktuelle Situation Ungarns bezieht.“ Coriolanus ist hier ein Halbwüchsiger unter dem Einfluss seiner Mutter, der, trotz seiner vergangenen Leistungen, lernen muss, dass Demokratie keine Helden duldet. Eine aufregende, nach vorne strebende Arbeit eines jungen, aber Shakespeare erprobten Regisseurs, die mit Erfolg bereits in Berlin gezeigt wurde. „Die modernste Inszenierung des Festivals“, so der Kulturreferent. „Unbedingt sehen!“, sein Tipp, schon allein, weil alle wunderbar singen.

Aber Dr. Rainer Wiertz hat noch vieles mehr aufgespürt, dass er den Besuchern des diesjährigen Festivals ans Herzen legen möchte. Da wäre der Besuch der erfolgreichen deutschen Schauspielgröße Katharina Thalbach, die unter dem Titel „Wie Er uns gefällt“ am 14.7. Dichtkunst an und auf Shakespeare vorträgt. Ihre Grundlage ist ein Band mit über 200 Gedichten, der zu Shakespeares 450. Geburtstag im April im Manesse Verlag erscheint. Eine Sammlung, die offenbart, welchen Reim sich Lyriker-Kollegen in vier Jahrhunderten, acht Sprachen und mehr als zwanzig Ländern auf Shakespeares Werk und seine Figuren gemacht haben. Nicht von Shakespeare selbst stammend zwei Stücke, die die Fundación Siglo de Oro aus Madrid ins Festival bringt. Denn sie präsentiert eine Komödie und ein Drama von Lope de Vega, einem bedeutenden, spanischen Dichter und Zeitgenossen Shakespeares, von dessen Riesenwerk, über 500 erhaltene Theaterstücke, außerhalb von Spaniens jedoch wenig bekannt ist.

Musik ist auf diesem Festival ebenfalls wieder gut vertreten. Zum einen mit der schon aus dem vergangenen Jahr bekannten Jazzmusikerin Caroll Vanwelden. Nach dem Erfolg ihres ersten Albums mit Shakespeare-Sonetten und ihres Neusser Festivalauftritts 2013, legt Caroll Vanwelden nun mit einem neuen Album und weiteren Sonetten nach. Zum anderen ertönt die Blockflöte von Stefan Temmingh am 9. Juli im Globe und lässt vergessen, so Dr. Wiertz, was man bisher über Blockflöte wusste. Mit der Sopranistin Dorothee Mields und seiner Gentleman’s Band stellt der herausragende Flötist die neue CD „Inspired by Song“ des Ensembles vor, auf der sich die Musiker englischen Liedern des 17. Jahrhunderts widmen.

Shakespeare, da braucht man keine Sorgen haben, kommt nicht zu kurz. Ob mit „Wie es euch gefällt“ von der Shakespeare Company Berlin, ob mit „A Midsummer Night’s Dream“ und der „Comedy of Errors“ der englischen Propeller Company oder „Much Ado about Nothing“ vom Globe Theatre on Tour, seinen bild- und wortmächtigen Werken gibt das Festival wie immer genügend Raum. Auch wenn dieses Mal einige Leckerbissen von fremder Feder kommen, wie die musikalische Tagebuchlesung „Peeping at Pepys“. Am 6. Juli verleiht der beliebte TV-Schauspieler Gustav Peter Wöhler dem aus allen Lebenslagen auskunftsfreudigen, englischen Flottenbeamten Samuel Pepys seine Stimme. Ein vorprogrammiert unterhaltsamer Abend, denn Pepys‘ vergnügliche Aufzeichnungen aus den Jahren 1660 bis 1669 haben es in sich. Respekt hält sich bei dem plauderhaften Lebemann in Grenzen. Selbst vor Meister Shakespeare.

(Weitere Infos zum Programm und zu Karten unter www.shakespeare-festival.de)