„Land & Lotte – Mit dem Pferd durch die Provinz“: Ein Reisebericht

7. Juni 2013 | Von | Kategorie: Neusser Leben

„Geh Deinen Weg und lass die Leute reden“

Viele Menschen träumen davon, Stefanie Schnitzler aus Neuss hat es getan: Sie hat sich für sechs Monate eine Auszeit von Beruf und Alltagstrott genommen und eine Reise der besonderen Art angetreten. Eine Reise zu Fuß, mit Zelt, zwei Taschen und – Lotte, ihrem Pferd. 1350 Kilometer von Mannheim bis an die Ostsee. Jetzt erscheint ein Buch über ihre Erlebnisse und Erfahrungen im dtv-Verlag.

Ich möchte Menschen ermutigen, ihre eigenen Träume und Wünsche in die Tat umzusetzen“, sagt Stefanie Schnitzler, die heute als Theaterpädagogin und Dramaturgin am Rheinischen Landestheater sowie als selbstständige Journalistin und Autorin arbeitet. Sieben Jahre ist es her, dass sie sich auf den Weg gemacht hat: „Es ist ein tolles Erlebnis zu wissen, dass das klappt.“ Damals war sie Mitte Dreißig, hatte gerade eine schwere Erkrankung überwunden und sich die Frage gestellt „Was willst du in deinem Leben auf keinen Fall verpasst haben?“. Dann war da noch das journalistische Interesse: „Wie ist das, wenn man zu Fuß unterwegs ist, mit Pferd jeden Tag ein Quartier bei Privatleuten finden muss? Wie reagieren die Menschen auf mich, wie leben andere Menschen, was kann ich lernen?“.

Doch ganz einfach war es nicht, den Traum von der Auszeit zu realisieren: „Es hat mich eineinhalb Jahre Vorbereitung gekostet“, verrät Schnitzler. Es hieß, alte Sicherheiten aufzugeben und Neues zu wagen. So hat sie damals ihre feste Anstellung am Nationaltheater Mannheim gekündigt und mit der Gründung ihrer eigenen Textagentur den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Der „Schreibritt“ sollte ihr erstes Projekt als freie Autorin und Journalistin sein. Schnitzler suchte sich Sponsoren und konnte zwei Zeitungen als Auftraggeber gewinnen, die dann regelmäßig ihre Artikel über die Reise veröffentlicht haben. Und: „Ich hatte auch privat ganz viel Unterstützung, von Freunden und meinem Lebenspartner“. Schließlich fehlte nur noch eins: Das Pferd.

Lotte

Reiterfahrung hatte Stefanie Schnitzler, aber kein eigenes Pferd. Das fand sie in der lebhaften Lotte, einer jungen Stute, mit 5 Jahren gerade in der Pferde-Pubertät, weiß, mit braunen Punkten, Pippi Langstrumpf hätte sie sicher auch gefallen: „Ich habe sie ausgesucht, weil sie nett war und lustig“, sagt Schnitzler. Aber sie hat auch noch viel Zeit und Trainingsstunden investieren müssen, um sich mit Lotte vertraut zu machen und richtig mit ihr umgehen zu können – auch in schwierigen Situationen: „Ich musste viel über Pferde lernen, über die Grunderziehung, aber zum Beispiel auch über Giftpflanzen und Erste Hilfe für Pferde“. Lotte hat auf der Reise übrigens das Gepäck getragen, während ihre Besitzerin zu Fuß nebenher gewandert ist, denn beides – Reiterin und Gepäck auf ihrem Rücken – hat sie nicht akzeptiert. Aber das war auch ganz im Sinne der „Aussteigerin“ Schnitzler: „Ich wollte laufen, einen Fuß vor den anderen setzen, draußen sein, die Natur erleben, einfach gucken, was kommt und Zeit haben“.

Von Menschen und Pferden

Die intensive gemeinsame Zeit hat Frau und Pferd zusammengeschweißt: „Wir waren ja Tag und Nacht zusammen. Am Ende ist Lotte wie ein Hund mitgekommen, ließ sich ganz leicht führen oder auch durch Gesang beruhigen und lenken“, erzählt Schnitzler, „Wir waren ein eingespieltes Team“. Eine schöne Erfahrung für sie, aber auch und gerade die Erlebnisse mit den Menschen haben sie wirklich berührt: „Ich habe viele interessierte, freundliche Menschen kennengelernt“. Sie hat viel Hilfsbereitschaft erfahren, konnte sich aber auch selber einbringen, zum Beispiel als Erntehelferin und im Kuhstall bei der Melkarbeit. Oder wenn sie einfach das Gefühl hatte, „hier braucht mich jemand“. Dann ist sie schon mal länger geblieben. Ihr Buch mit 224 Seiten ist übrigens bereits während der Reise entstanden – an den PCs ihrer Gastgeber. Es ist Erlebnisbericht und eine Art Reiseführer zugleich, unterhaltsam geschrieben, sehr offen und ungeschönt, oft heiter und manchmal nachdenklich, etwa wenn die Autorin der Frage nachgeht „Was ist für mich und andere Heimat?“. So kann „Land & Lotte“ vielleicht Impuls für eine eigene Auszeit sein oder einfach gut unterhalten und zum Träumen anregen.

„Land & Lotte“ kommt Ende des Monats in den Handel, lässt sich dort aber natürlich schon vorbestellen.