„Horizonte“-Ausstellung im Clemens-Sels-Museum

5. März 2013 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

Landschaftsmalerei über die Jahrhunderte

Erst im 17. Jahrhundert erlangte die Landschaft als Motiv in der Malerei eigenen Stellenwert, wurde Natur nicht nur als Kulisse des Bildthemas verstanden, sondern selbst zu diesem. Ein weiteres Genre war gefunden, das zu neuem Schaffen inspirierte und Maler durch die Welt streifen ließ, um Berge, Flüsse, Felder und Wälder zu erkunden. Das Spektrum ist groß, die Möglichkeit Landschaft einzufangen ebenfalls. Ob naturalistisch, expressionistisch oder naiv zur Geltung gebracht, die Sezierung des Motivs kennt wenig Grenzen. Die Vielfalt und Spannung dieses Themas lässt die aktuelle Ausstellung des Clemens-Sels-Museum erkennen. Aus der reichhaltigen Sammlung des Hauses wurde eine erlesene Auswahl an bekannten sowie noch nie gezeigten Werken zur Landschaftsmalerei zusammengestellt.

Die Horizonte-Ausstellung des Clemens-Sels-Museums gleicht einer Reise durch die Welt, erkundet die Landschaftsmalerei über die Jahrhunderte, vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Sie ist eine wissenschaftliche und restaurative Aufarbeitung des umfassenden Museumsbestandes der Kuratorin Dr. Bettina Zeman, deren kunsthistorische und akribische Sammlungsaufbereitung man hier längst zu schätzen weiß. Ihr Forschen stellt Bekanntes in neues Licht, eröffnet in gezielter Gegenüberstellung weitere Perspektiven eines Gemäldes oder eines Genres. Weitreichende Recherchen über anvisierte Künstler und deren Arbeiten bieten neue Einsichten, ob über das Leben des Schaffenden, über die Epoche oder über die Verknüpfung der Werke verschiedener Künstler. Was zum Schutze am Werk bei wertvollen Arbeiten nicht zur Dauerausstellung gelangt, findet so immer wieder einen temporären aber exaltierten Platz im aktuellen Schauraum.

Erstmals wendet sich das Clemens-Sels-Museum nun der Landschaft als einem zentralen Bildthema der Kunst zu. Die Werkauswahl, Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken, beginnt bei den Niederländern des 17. Jahrhunderts, die wesentlich an der Behauptung der Landschaftsmalerei beteiligt waren. Im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ (de Gouden Eeuw), der wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit der Niederlande, wurden mehr Bilder produziert als je in einem anderen Land und einer anderen Epoche. Maler wie Rubens und Rembrandt malten Landschaften in warmen und lebhaften Farben, als Phantasiebilder oder auch als Heimatdarstellungen. Allerdings kam dieser Gattung noch wenig Bedeutung zu, standen Landschaftsgemälde zu Lebzeiten Rembrandts hierarchisch unter der Porträt- und Historienmalerei und waren deutlich preiswerter.

Die Schau im Clemens-Sels-Museum vermittelt einen interessanten Einblick über die Entwicklung dieses Genres, beginnend bei der dunklen, warmen Farbgebung niederländischer Maler des 17. Jahrhunderts, hinweg zum Aufbruch zu kühleren Farben und neuen Formen. Zu sehen ist der „Schlittschuhläufer auf den Gräben einer alten Stadt“, Öl auf Holz, 1622 von Joost Cornelisz Droochsloot, neben dem Aquarell „Blick auf Vaison-la-Romaine“, 1851, von Johann Wilhelm Schirmer, dem Begründer der Düsseldorfer Malerschule, der sich hier authentisch von einer unkonventionellen Seite zeigt. Es folgen Arbeiten von Maurice Denis und Emil Orlik, deren Gemälde vom japanischen Farbholzschnitt inspiriert wurden und flächengebunden auf Tiefenräumlichkeit verzichten. Von den Symbolisten und Künstlern der Nabis geht es hin zu den Expressionisten. Im Zentrum der Ausstellung stehen Werke von Heinrich Campendonk, Christian Rohlfs oder Heinrich Nauen; wie Campendonks „Garten in der Moerserstraße“, Öl auf Leinwand um 1908, oder Rohlfs‘ „Weiden im Frühjahr“ von 1904, Öl auf Leinwand. Natur löst sich auf, findet eigenwilligen Ausdruck in reinen Linienführungen, in expressionistischer Reduktion bis hin zur Abstraktion eines Max Ernst, wie „Das Meer“, Farbserigrafie über Klischeedruck mit Bleistift von 1957. Hier ist auch Julius Bretz bekannter „Heuschober“, Öl auf Leinwand, um 1910, zu sehen. Den Ausklang der Schau bilden die Modernen Primitiven, ihre naive Sicht auf Landschaft und Natur, Werke von Nikifor, Camille Bombois oder Emma Stern.

Die Ausstellung bietet einen repräsentativen Einblick in das Sammlungsprofil des Hauses. Begleitet wird sie von einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm, das von einer Konzertmatinee über Exkursionen bis zu einem Duftworkshop reicht. Besondere sinnliche Zugabe der Schau: Der Bonner Parfümeur Manasse hat eigens für sie einen Duft „Horizonte“ kreiert, der nur im Museumsshop erhältlich ist.

(Ausstellung „Horizonte – Landschaft im Spiegel der Jahrhunderte“, bis zum 12. Mai, weitere Infos unter www.clemens-sels-museum.de)