Mit Farbe Emotionen malen

3. November 2012 | Von | Kategorie: Neusser Kultur

Moreau-Ausstellung im Clemens-Sels-Museum als Höhepunkt des Jubiläumsjahrs

 

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens bietet das Clemens-Sels-Museum in diesem Jahr eine Vielzahl an interessanten Projekten. Den Höhepunkt des Jubiläumsprogramms gestaltet jetzt die mit hochwertigen Leihgaben bestückte Ausstellung „Sehnsucht nach Farbe – Moreau, Matisse & Co.“ Die Präsentation beleuchtet in einer wissenschaftlich neu aufbereiteten Form das Schaffen des Künstlers unter dem Aspekt seiner Lehre an der École des Beaux-Arts. In der Gegenüberstellung seiner Werke zu denen seiner Schüler eröffnet sich der Blick auf den „Vater des Symbolismus“ als Richtungsweiser in die Moderne; zeigt sich wie er auf das Werk von Malergrößen wie Henri Matisse, Georges Rouault oder Henri Evenepoel wirkte.

(von Marion Stuckstätte)

„Moreau wies uns keinen Weg, sondern brachte uns vom Wege ab, weckte die Unrast in uns“, so erklärte Henri Matisse die Lehre Gustave Moreaus an der Pariser Kunstakademie. Von 1891 bis zu seinem Tode im Jahr 1898 unterrichtete er dort mehr als 125 Schüler unterschiedlichen Temperaments, vor allem Persönlichkeiten, die jenseits strenger akademischer Ausrichtung nach eigenen Möglichkeiten suchten. Im Fokus der Ausstellung stehen innovative Moreau-Schüler wie Henri Matisse, Charles Camoin, Henri Manguin, Albert Marquet und Georges Rouault, die später zur Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts gehörten und zusammen mit Georges Braque, André Derain und Maurice de Vlaminck zum Kreis der „Fauves“ zählten. Daneben zeigt die Ausstellung auch jene traditionsverhafteten Schüler von Moreau, wie Raoul du Gardier, Fernand Sabatté, Jules-Gustave Besson und Edgar Maxence, die ihrem Lehrer thematisch, stilistisch und motivisch folgten, ob im Inhalt der unerfüllten Liebe oder in der symbolistischen Formensprache.

Moreau selbst betrachtete sich als Historienmaler, befasste sich mit religiösen und mythischen Themen. Realistische und impressionistische Strömungen lehnte er ab, nahm dadurch in seiner Zeit eine Sonderstellung ein. Seine Studenten schätzten ihn als liberalen und führsorglichen Mentor, der unkonventionelle Methoden nutzte, um seinen Eleven die Welt der Malerei zu erschließen. Zwar verlangte er ihnen Disziplin und Fleiß ab und forderte die wenig zeitgemäße Auseinandersetzung mit der Antike und den Alten Meistern des Louvre, aber genauso nach eigener Überzeugung handelnd, brach er mit akademischen Normen. Die Zeichnung war nicht zwingend als Vorläufer des Gemäldes gestellt, sondern galt als eigenständiges Werk. Akt- und Naturstudien dienten der Entwicklung einer individuellen Bildsprache, die nicht dem Sehen sondern dem Gefühl verpflichtet war. Und gedacht wurde in Farbe. Sie war für ihn der Schlüssel zur Komposition, stand als maßgebender Gefühlsausdruck.

Von der Tradition in die Moderne

Nicht der Gegenstand an sich, nicht die Stimmigkeit bestimmten die Farbgebung. „Die Farbe muss gedacht, geträumt, imaginiert werden“, so Gustave Moreau. Sein revolutionärer Umgang mit dem Kolorit ist einer seiner wesentlichen Überlieferungen an seine Schüler. Mit seinen bemerkenswerten Farbfantasien betrat Moreau einen neuen Pfad in Richtung Moderne; mit der Farbe, losgelöst vom Objekt, einzig dem Empfinden verpflichtet, nahm er die Auffassungen von Farbe im 20. Jahrhundert vorweg.

Die Ausstellung veranschaulicht anhand von hochkarätigen Gemälden, Aquarellen, Handzeichnungen und Druckgrafiken repräsentativ seine Leistung, Tradition und Moderne zu verbinden. Sie spiegelt, ergänzt durch historische Aufnahmen und Quellmaterial, seinen vielfältigen, zukunftsweisenden Einfluss auf die Kunst in bislang unbekannter Art wider. Neben eigenen Beständen des Hauses, wie vier Werke von Gustave Moreau, das Malerbuch „Jazz“ von Matisse und Gemälde von Evenepoel, konnten für die Präsentation bedeutende Leihgaben gewonnen werden, u.a. vom Musée d’Orsay, dem Centre Pompidou, dem Musée Gustave Moreau und der Fondation Georges Rouault in Paris. Hervorzuheben aus den Ausleihen sind hier prominente Sammlungsstücke wie die beiden Gemälde von Matisse „Akt im Atelier Moreau“ von 1899 (Musée départemental Matisse, Le Cateau-Cambrésis) und „Lesende in violettem Kleid“ von 1898 (Musée des Beaux-Arts de la Ville de Reims).

Zur Ausstellung ist eine anschauliche und sehr informative Publikation entstanden mit Beiträgen zu Moreaus Kunst, seiner Lehrtätigkeit und seinen Schülern. Darüber hinaus enthält der Katalog eine wissenschaftliche Abhandlung von Dr. Bettina Zeman, Kuratorin des Hauses, die differenziert die Wirkung Moreaus auf seine beiden berühmtesten Schüler, Matisse und Rouault nachzeichnet und eine neue Perspektive auf deren Kunst eröffnet.

(Ausstellung „Sehnsucht nach Farbe – Moreau, Matisse & Co.“ bis zum 13.01.2013 im Clemens-Sels-Museum. Nähere Infos unter www.clemens-sels-museum.de ).