Das erste Jahr am Gymnasium : „Man muss schon fleißig sein“

21. August 2012 | Von | Kategorie: Aktuelles, Familie, Neusser Leben

Umfassende Schulbildung zählt in unserer Gesellschaft als A und O einer gesicherten Existenz, das Abitur als solide Basis. Schon früh arbeiten Eltern in Richtung Gymnasium, lernen mit ihren Kindern oder unterstützen sie mit Nachhilfe. Doch der Wechsel von der Grundschule aufs Gymnasium ist ein großer Schritt. Alles neu und viel mehr lernen, wie fühlt sich das an und was hilft beim Eingewöhnen?                                                                                                                                                                                                        Marion Stuckstätte

„Am Anfang kam einem das alles riesig vor, das Gebäude, so viele Räume und überall Schüler“, sagt Matthias. „Und jetzt ist es alles wieder klein.“ Seit einem Jahr besucht er das Nelly-Sachs-Gymnasium in Neuss. Zu Beginn des 5. Schuljahres hatte er ordentlich Respekt davor, was auf ihn zukommen würde, berichtet der 11-Jährige. „Es war aber gar nicht so schlimm, vielleicht, weil ich ein paar Freunde aus der Grundschule mit in meiner neuen Klasse hatte. Für Lucas, seinen Klassenkameraden, war es deutlich schwieriger. Er kam aus der Nievenheimer Montessori-Grundschule und kannte keinen. Auch die Form des Lernens war ihm fremd. „Früher hatte ich die ersten zwei Stunden freies Arbeiten und dann erst ein Fach“, so Lucas. „Jetzt kommt man rein und es geht sofort los.“ Was er auf der Grundschule besser fand, war, dass man dort mehr spielen konnte und ruhig mal vor sich hin träumen. Man müsse schon fleißig sein und gut aufpassen auf dem Gymnasium, damit man nichts verpasse, da sind sich die beiden einig. „Wenn man länger krank ist, das ist richtig blöd.“ Aber eigentlich sind sie zufrieden. „Ich finde es toll, dass es neue Fächer gibt“, meint Matthias. „Und die Blauen Engel“, ergänzt Lucas, „das sind Schüler, die was für die Umwelt tun, so was interessiert mich.“

 

Angst nehmen und Neugier erzeugen

Joshua hat auf dem Quirinus-Gymnasium ähnliche Erfahrungen gemacht, empfand die ersten Monate dort spannend: neue Mitschüler, Lehrer, überhaupt das ganze Umfeld. Er findet es super, dass er jetzt in der Stadt zur Schule geht. Irgendwie fühlt er sich älter, darf und kann auch mehr. Nur die vielen Hausaufgaben, Vokabeln büffeln und das Lernen auf die Klausuren, das findet er nicht so toll. Kurz vor den Ferien war das richtig Stress. „Wenn ich früher aufgepasst habe, dann konnte ich es“, sagt Joshua. „Aber jetzt muss man nacharbeiten und auswendig lernen, sonst geht es nicht.“ Das hat er anfangs etwas schleifen lassen und nicht richtig ernst genommen. Dann sind die Noten nach unten „gepurzelt“. „Und in den Arbeiten war ich nervös, weil ich dachte, ich schaffe das nicht.“ Seine Eltern haben ihm Mut gemacht, jetzt läuft es wieder gut.

 

Joshua steht mit seinen Erfahrungen nicht allein. Ein Noteneinbruch im ersten Jahr ist nichts Ungewöhnliches. Hat sich ein Fünftklässler erst einmal eingewöhnt und die massiven Veränderungen begriffen und akzeptiert, gehen meist die Noten langsam wieder hoch. Nur die Lust am Lernen dürfen sie in dieser Zeit nicht verlieren. Eltern sollten nicht ungeduldig sein. Ihnen müsse vielmehr bewusst sein, dass der Wechsel auf die weiterführende Schule für Grundschüler eine große Lebensveränderung  darstelle, so auch Stefan Drewes, Bundesvorsitzender der Sektion Schulpsychologie beim Bundesverband Deutscher Psychologen. Er spricht sich dafür aus, dass Eltern Zweifel oder Bedenken an der Leistung ihres Zöglings nicht mit dem Kind besprechen, sondern es vielmehr ermutigen sollten. Ist die Entscheidung für eine bestimmte Schulform getroffen, sei es ratsam, dem Kind Zeit zu geben, sich einzufinden. Druck nehme ihnen die notwendige Energie, um mit den vielen neuen Einflüssen motiviert und neugierig umzugehen. Zuhören und begleiten ist wichtig. Anfangs bei der Organisation unterstützen, wann was gelernt werden muss, was gepackt und in welchem Umfang, kann für den Schüler sehr hilfreich sein, den Weg in die Selbständigkeit und Selbstverantwortung zu finden.

 

„Doch klar“, erklärt Matthias. „Schule macht Spaß. Da kriegt man eine Menge mit.“ Nach den Sommerferien gibt es noch die zweite Fremdsprache und nachmittags eine Wahl-AG. Das macht ihm keine Sorge. Im Gegenteil, er freut sich drauf, denn „Filmen“ hat er ausgesucht und vielleicht, so überlegt er, wird er mal Regisseur. Für seine Zukunft hat er schon einige Ideen im Kopf. Und der Grundstein ist gut gelegt.