Ein Wolf geht um

2. Juli 2012 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Wahrlich düster geht es zu im zweiten Roman der Neusser Autorin Christina Döhlings. Der Mittelalter-Krimi „Wolfswinter“ aus dem Kölner Emons Verlag führt die Leser mitten hinein in die (Un-)Tiefen der Wälder um Neuss und natürlich der menschlichen Seele.

Annelie Höhn-Verfürth

Man schreibt das Jahr 1510. Es herrscht ein bitterkalter Winter als nur elf Tage vor Weihnachten drei gestandene Neusser Männer gebeten werden, einen scheinbar spurlos verschwundenen jungen Mann zu suchen. Der bucklige Weinhändler Augustin Jordis, der einbeinige Schuster Rutger Jansen und der hünenhafte Barbier Hennes Kreitffisch machen sich alsbald auf den Weg: Ob das Verschwinden des Jungen mit dem Wolf zu tun hat, der in den Wäldern der Region sein Unwesen treiben soll? Als in der Nähe von Kleinenbroich eine schrecklich zugerichtete Leiche gefunden wird, scheint die Sache klar zu sein. Doch das ebenso ungleiche wie scharfsinnige Trio merkt sehr schnell, dass in diesem Fall eben nichts so ist wie es scheint. Und es stellt sich ihnen die Frage, wer hier wohl der wahre Wolf ist.

Faszination Wolf

„Wolfswinter“ ist die Fortsetzung von Christina Döhlings Debütroman „Hexenwahn“, mit dem sie 2009 einen Literaturwettbewerb des Emons Verlages und der NGZ gewonnen hat. Die Idee zur Fortsetzung kam ihr, als sie darüber las, dass es früher Wölfe in dieser Gegend gab: „Der Wolf hat so ein geheimnisvolles Wesen“, findet sie, „man weiß nicht, ob er gut oder böse ist.“ Für sie Inspiration genug, ihr Ermittler-Trio wieder in einen neuen Fall zu schicken. In der Stadtbibliothek hat die Autorin viel über das Mittelalter gelesen, zum Beispiel wie die Menschen im Winter gelebt haben oder welche Namen damals geläufig waren. Außerdem hat sie sich Informationen über den Kaarster Wald und die Wolfsjagd sowie über die Wilderei besorgt. Auch ihre beiden Brüder waren ihr wichtige Wissensquellen. Geschrieben hat Döhlings, die mit ihrer Familie „in einem ehemaligen Kuhstall eines umgebauten Bauernhofes“ in Rosellen lebt, etwa ein Jahr lang in jeder freien Minute. Gar nicht so einfach für eine Frau, die ihrer Rolle als dreifache Mutter und ihrem Beruf als Sozialpädagogin im Sozialdienst der Neusser St. Augustinus-Kliniken gerecht werden will: „Die Zeit ist ein Hauptproblem. Manchmal habe ich wochenlang nichts geschrieben, dann aber zum Beispiel in den Sommerferien ganz viel.“ Übrigens dienen ihr auch schon mal Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder als Vorlage für ihre Figuren, „aber nur für die netten“, verrät sie schmunzelnd.

Gut und Böse

In „Wolfswinter“ schickt die 45jährige Autorin ihre Leser gemeinsam mit den drei Freunden auf Spurensuche. Meist weiß man nicht viel mehr als diese und bemüht sich wie sie, die vorhandenen Puzzlestücke zusammenzusetzen. So nimmt einen die sprachlich lebendige, authentisch und mit viel Liebe zum (historischen) Detail geschriebene Geschichte schnell gefangen. Die sympathisch gezeichneten Ermittler tragen das Ihrige dazu bei: Rein optisch wirken sie schon fast skurril und durch ihre unterschiedlichen Charaktere kommt es immer wieder zu amüsanten Wortgefechten und Situationen, die die spannende Krimi-Handlung angenehm auflockern. Mit ihnen hat Döhlings ganz bewusst „einen Kontrapunkt zum Düsteren“ gesetzt. Allzu grausam oder böse mag sie es nämlich auch selber nicht: „Ich würde nie einen Roman schreiben, in dem nachher alle sterben.“ Trotzdem geht es in ihrer aktuellen Geschichte nicht gerade zimperlich zu, denn mit einem Toten ist es beileibe nicht getan und auch ihre Hauptfiguren geraten in ihrem Wettlauf gegen die Zeit mehr als einmal in tödliche Gefahr.

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