Immer wieder aufstehen …

4. Dezember 2017 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben

1. Fuck up Night unterstützt von der Wirtschaftsförderung des Rhein-Kreis Neuss

Wenn Gründer scheitern, hat das viele Gründe. Einige davon erfährt das Publikum der 1. Fuck up Night in Neuss. Und erlebt einen sehr unterhaltsamen Abend „To fuck up“ meint in der englischen Umgangssprache so viel wie „vermasseln“. Genau darum ging es in der ersten „Fuck up Night“ im Gare du Neuss, in der drei Start-Ups oder Gründer von ihrem beruflichen Misserfolg und geplatzten Träumen berichteten. Solche Abende sollen in Zukunft regelmäßig stattfinden.

Fakt ist, dass ca. 90 Prozent aller Start-Ups aufgeben, beziehungsweise aufgeben müssen. Oder anders herum: Nur 10 Prozent schaffen, eine erfolgreiche Karriere aus sich selbst heraus zu gründen. Scheitern scheint hier also eher die Regel als die Ausnahme. Trotzdem will keiner darüber sprechen. Schade eigentlich, denn nur so könnte man vermeiden, dass andere in die gleiche Falle tappen und die gleichen Fehler machen. Das ist genau die Idee der Fuck up Nights, die es mittlerweile auch in vielen deutschen Großstädten gibt. Ursprünglich stammt die Idee aus Mexiko. Hier unterhielten sich 2012 ein paar Freunde bei dem einen oder anderen Drink über das Scheitern ihrer Geschäftsidee und bemerkten schnell, wie gut ihnen das Gespräch tat. Daraus entwickelte sich das Konzept der Fuck up Nights und trat seinen weltweiten Siegeszug an, es gibt sie schon in mehr als 150 Städten. Die Grundidee ist so simpel wie wohltuend: Scheitern ist keine Form des Versagens sondern die Voraussetzung persönlicher Weiterentwicklung, also immer auch eine Chance für einen Neuanfang.

Jeder macht Fehler und aus Fehlern kann man lernen. Nicht nur aus den eigenen, sondern auch aus Kardinalfehlern anderer. Darüber sollte man sprechen. Und genau das passiert bei diesen Veranstaltungen. Und es interessiert. Mehr als 200 Gäste waren am 13. November bei diesem ersten Event im Gare du Neuss anwesend und lauschten den Misserfolgsgeschichten von drei ehemals hoffnungsfrohen Gründern, deren Unternehmungen aus unterschiedlichen Gründen scheiterten. Die aber nicht als Versager auf der Bühne standen, sondern als optimistische Stehauf-Männchen und -Weibchen, die ihre Fehler zum Anlass nahmen, sich weiterzuentwickeln. Um jetzt besser dazustehen, aufgeräumter, fokussierter.

Nach jeder Niederlage hat man immer die Möglichkeit, wieder aufzustehen. Man muss nur wollen.

Die Zuschauer erfahren, wie viel Herzblut, Energie, Zeit und Geld in unterschiedlichste Geschäftsideen gesteckt worden waren, und wie schnell falsches Timing, blindes Vertrauen oder unterschätzte Herausforderungen alle Mühen zunichte machen und im schlimmsten Fall hohe Schuldenberge auftürmen können. Die drei ehemaligen Gründer eint nicht nur ihr Scheitern, sondern auch das, was sie daraus gelernt haben. „Man überlebt das“, so Peter Wiedeking, ehemals Gründer von die „abendtüte“, jetzt Mitstreiter bei „toogoodtogo“, einem recht erfolgreichen Start-Up mit einer App gegen Lebensmittelvernichtung, die es sogar bis ins Fernsehen in „Die Höhle der Löwen“ geschafft hat.

Fazit der insgesamt sehr gelungenen, amüsanten und lehrreichen Veranstaltung: Scheitern wird salonfähig. Es ist der ungeliebte Bruder des Erfolges und gehört dazu. Vor allem in einer Arbeitswelt, die für immer mehr Menschen keine Vollzeitstelle mit hundertprozentiger Jobgarantie bis zur Rente mehr parat hat. Hier ist die soziale Akzeptanz des Scheiterns eine plausible Reaktion, sie hilft – als eine Art Selbstschutz – die Angst vor dem Versagen abzuschwächen, in dem sie stur und munter darauf verweist, dass es ja doch irgendwie weitergeht.

Dem Scheitern wird seine Endgültigkeit genommen, es ist nicht mehr notwendigerweise der Punkt, der entscheidet zwischen glorreichem Gewinner und ewigem Verlierer. Stattdessen wird die Möglichkeit aufgezeigt, dass jedes Scheitern auch stets die Chance zum Neuanfang birgt. Getreu dem Motto: „Immer wieder aufstehen und sagen, es geht doch.“
Die drei Kandidaten auf der Bühne waren hier der beste und lebende Beweis.

Monika Nowotny