Alternative Wohnkonzepte für Senioren: Jung und Alt unter einem Dach

26. Oktober 2017 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Leben, Titelthema

Die Idee ist nicht neu und mutet fast wie ein Märchen aus alten Zeiten an. Auch noch nach dem Krieg war es völlig normal, dass drei Generationen unter einem Dach lebten und sich die täglich anfallenden Arbeiten selbstverständlich teilten, jeder das, was er konnte, beitrug. Heute wird dieses „Prinzip Großfamilie“ als „total alternativ“ und schon fast radikal futuristisch verpackt von Soziologen und Stadtplanern intensiv als Lösung für viele Probleme propagiert.

Diese Fachleute haben auch ein Stück weit Recht mit ihrer Behauptung, denn was in der ganzen Welt seit Jahrhunderten bestens funktioniert, ist bei uns durch die zunehmende Individualisierung unserer Gesellschaft in Vergessenheit geraten.

Gerade in Zeiten, in denen Wohnraum knapp geworden ist, haben alternative Wohnformen echte Vorteile für alle Generationen. Da in vielen Familien die Kinder nicht in der Nähe ihrer Eltern wohnen und ein gemeinsames Wohnen mit der eigenen Familie nicht möglich ist, muss die Entscheidung für ein Mehrgenerationenkonzept klar ausfallen, will man doch mit völlig fremden Menschen in einer mehr oder weniger engen Hausgemeinschaft leben.

Nur selten wird ein echtes gemeinsames Wohnen in einem Haus realisierbar sein, das dem einer Großfamilie nahe kommt, denn dafür braucht es neben der großen Toleranz bei allen Beteiligten auch eine gewisse Menge Kapital, um den notwendigen Wohnraum zu schaffen.

Wenn es nicht Eigentum sein muss, bieten moderne Wohnquartiere oft eine echte Alternative.

In Neuss setzen die großen Wohnungsunternehmen wie der Neusser Bauverein oder die Gemeinnützige Wohnungsbau Genossenschaft (GWG) auf die Entwicklung und Vermarktung von ganzen Wohnquartieren, in denen das Zusammenleben von mehreren Generationen Programm ist.

Thomas Schwarz von der GWG: „Unsere Mieter lieben das Miteinander der Generationen in unseren Quartieren. Man trifft sich auf den gemeinschaftlichen Grünflächen, auf dem Spielplatz oder in unseren Mietertreffs.“ In den kleinen Wohneinheiten mit nur fünf Parteien entsteht so schnell eine gute Hausgemeinschaft, denn „jeder kennt jeden“. So ergeben sich soziale Kontakt fast von selbst und die Mieter fühlen sich nicht nur für ihr Haus verantwortlich, sondern auch sehr wohl in ihrem Wohnquartier. „Unser Ansatz war schon immer, dass die Menschen so lange wie möglich in ihrem Quartier wohnen bleiben können“, so Schwarz. Durch individuelle Wohnungszuschnitte ist das auch möglich und die Mieter bleiben gern lange in ihrem vertrauten Umfeld.

Auch beim größten Wohnungsanbieter in Neuss, dem Neusser Bauverein wird dieser Quartiersgedanke konsequent umgesetzt, wie der Bereichsleiter Bestandsmanagement beim Neusser Bauverein Niki Lüdtke erklärt: „Das Generationenwohnen wird bei uns in der Praxis gelebt. Unser Bestand an Mietwohnungen ist generell Mischbestand mit einem Mix von allen Generationen.“ Bei den Neubauprojekten ist der Gedanke des Generationenwohnen klares Konzept und steht bei der Entwicklung und Planung von neuem Wohnraum im Fokus. So werden Wohnungen mit unterschiedlichen Grundrissen und in verschiedenen Größen mit seniorengerechten Einheiten geplant und errichtet. Bestes Beispiel sei dafür das Quartier in Weckhoven an der Hülchratherstraße, wo neben den unterschiedlichen Mietwohnungen zusätzlich eine Wohngruppe für Senioren in der Trägerschaft der Diakonie entstehen wird. Gleich daneben ziehen Familien und Singles ein.

Auch in Weckhoven soll sich nach dem Vorbild des „Treff 20“ auf der südlichen Furth rund um den Quartierstreff ein reges Miteinander mit gegenseitiger Hilfe in allen Lebenslagen entwickeln.

Stefan Büntig