Neues aus der Rathauskantine

8. Mai 2017 | Von | Kategorie: Aktuelles, Neusser Kultur

Mahlzeit! Mein Name ist Alfred Sülheim, Stadtarchivar. Obwohl sich mein Arbeitsplatz im Archiv an der Oberstrasse befindet, suche ich doch regelmäßig das Rathaus auf um in der dortigen Kantine einzukehren. Wie es das Schicksal und die Öffnungszeiten wollen, treffe ich dort häufig auf Controllerin Simone Strack und Hausmeister Jupp Schwaderath. Gemeinsam haben wir schon einige spannende und brisante Abenteuer zum Wohl des Bürgers, des Steuerzahlers und unserer geliebten Heimatstadt Neuss erlebt und erleben sie täglich wieder.

Menü heute: Leere Kalorien auf Zellulose

Ich weiß als gut erzogener Mensch natürlich, dass man beim Essen nicht fernsehen sollte, aber man achtet ja nicht so auf Manieren, wenn man alleine ist, also zuhause oder im Auto. Gelegentlich ereilt einen dann das, was der Kosmopilot unter uns als ‚Instant Karma‘ kennt. Man beißt also gerade herzhaft in seine Fleischwurst-Stulle, als hochappetitliche Werbung für Fußpilzsalbe über die Mattscheibe flimmert. Selber schuld, ruft das als Knigge verkleidete Engelchen auf der Schulter, was musst du beim Essen auch fernsehen. Hättest den Kasten ja aus lassen können. Zugegeben.

Ärgerlicher ist dagegen Werbung, die man nicht vermeiden kann, weil sie einem mit unerbittlicher Penetranz im öffentlichen Raum entgegenschlägt, was ganz besonders in Wahlkampfzeiten der Fall ist. Das muss nicht immer unappetitlich sein, kann einem aber auch auf den Magen schlagen. Nehmen wir mal ein paar Beispiele: Wenn die AfD behauptet, die kleine (natürlich blonde) Lili wäre mit 18 froh, dass ihre Eltern AfD gewählt haben, dann frage ich mich, warum es eigentlich den Straftatbestand des politischen Kindesmissbrauchs nicht gibt. Zumal Lili vermutlich mit 18 so schnell wie möglich auszieht, um sich dem Einfluss ihrer autoritären Spießereltern zu entziehen. Ein anderer Fall sind die Plakate der FDP, die den diesjährigen Phrasenpreis mit großem Abstand gewinnen. ‚Es geht um unser Land‘, lautet die ‚Botschaft‘. Um was sollte es bei Landtagswahlen denn sonst gehen, vielleicht Timbuktu oder Feuerland? Immerhin verhindern die Lindner-Portraits in Riefenstahl-Optik den großflächigeren Einsatz der popigen Neonfarben, für die sich FDP und Grüne scheint es gleichermaßen begeistern können. Irritiert hat mich Herr Geerlings, der auf Plakaten zur inneren Sicherheit mit einem Ausdruck wirbt, den Peer Steinbrück (zur Erinnerung: SPD) in der Politik etabliert hat: Klare Kante. Soll das ein Hinweis auf eine anstehende Große Koalition in Düsseldorf sein? Oder hat er eine andere, eher unklare klare Kante im Kopf? Bliebe noch die SPD, deren Kandidat Arno Jansen mit einem hübschen Portrait auf wechselweise babyblauem und babyrosanem Hintergrund wirbt, kombiniert mit dem Satz ‚Richtig für Neuss‘. Ein Satz, so substanzlos wie die Pastelltöne, mit denen vermutlich schon Jüngstwähler zwischen 3 und 9 Monaten für die SPD gewonnen werden sollen.

Glücklicherweise isst man im Restaurant ja nicht die Speisekarte, sondern die angebotenen Speisen. Ignorieren Sie also die Plakate und schauen lieber mal, welches Süppchen die Parteien wirklich in ihren Töpfen kochen. Und wählen Sie, denn die Zeche zahlen Sie bestimmt.

Wohl bekomm‘s!