Neuss packt an! Warm durch die Nacht – Anlaufstelle für Obdachlose

15. September 2016 | Von | Kategorie: Neusser Leben

Seit fast eineinhalb Jahren ist die Initiative „-Neuss packt an! Warm durch die Nacht“ für obdachlose Menschen im Einsatz und hat viel Vertrauen aufgebaut.

Unter den Rathaus-Arkaden steht die Verteilerstation einmal im Monat, im Winter zweimal. Am vorletzten Freitag im Monat kommen die Menschen, die keine Wohnung, keine Arbeit, kein Geld haben und bekommen Essen, Decken, Kleider, Hygieneartikel, alles was man braucht, um auf der Straße zu leben. Vor allem bekommen sie menschliche Zuwendung. Die Helferinnen und Helfer von „Neuss packt an“ werden bereits erwartet, und einige der Obdachlosen packen tatkräftig mit an, wenn der Stand auf- und abgebaut wird.
Einige stehen bescheiden am Verteiler, trauen sich nicht, um Essen zu fragen während andere wissen, was sie wollen. Den typischen Obdachlosen gibt es nicht. Die Obdachlosen, denen die Initiative hilft, sind in der Mehrheit Männer. Auslöser für den Bruch im Leben ist oftmals die Trennung von Frau und Familie. Fast immer sind es die Männer, die dann die Wohnung verlassen müssen. Wenn zusätzlich die Arbeitsstelle verloren geht, Schulden hinzukommen, niemand in der Notlage berät, ist die sich auftürmende Lawine von Problemen bald nicht mehr aufzuhalten.
Männer haben es auf der Straße schwerer als Frauen, weil sie weniger Anlaufstellen haben, um geschützt zu übernachten. Während Frauen beim Sozialdienst Katholischer Frauen oder der Diakonie in jedem Fall für die Nacht untergebracht werden, ist für Männer, die sich nicht rechtzeitig in der Hin-und-Herberge am Derendorfer Weg für die Nacht anmelden, die Tür zu.
Dennoch sieht man es vielen obdachlosen Männern nicht auf den ersten Blick an, dass sie ohne festes Dach über dem Kopf leben, wie das Team „Neuss packt an!“ feststellt. Dafür sorgt das Café Ausblick, in dem sie duschen und ihre Kleider waschen können. Auf der Furth schneidet Friseur Temburg einmal im Monat kostenlos die Haare.

.
Information ist wichtig, im Falle der Obdachlosigkeit überlebenswichtig.
Über Facebook fand die nach dem Vorbild des Essener Projekts gegründete Initiative zwar bald aktive Mitstreiter/innen und Privatleute, Geschäfte und Unternehmen als Sachspender, aber wie sollte der Kontakt zu obdachlosen Menschen geknüpft werden? Der Treffpunkt Rathaus-Arkaden ist heute gut angenommen. Das gelingt mit Aushängen z.B. in der Hin-und-Herberge und Mund-zu-Mund-Information.
Einfühlsam überlegen die Aktiven, wie es wohl früher im Leben der Obdachlosen war. Ihre Vorstellungen, Träume vom Leben haben sich vielleicht nicht von denen der „normalen“ Bürger unterschieden. Vielen fällt es schwer, direkt um Hilfe zu fragen. Haben sie nicht gelernt zu fragen, haben sie gelernt, dass ihnen niemand hilft, ist die Scham so groß, haben sich zu viele Baustellen in ihrem Leben angehäuft?
Die Ehrenamtler/innen erleben, wie gut es den Obdachlosen tut, mit anderen Menschen zu sprechen und begleitet zu werden, wenn sie zum Amt müssen, sich für eine Wohnung oder eine Arbeit vorstellen. Sie fangen sie auf, wenn ein Rückschlag droht, alles bisher Erreichte in Frage zu stellen.
Mit Empathie, Fingerspitzengefühl, Zeit, Zuhören, Respekt, Zuverlässigkeit entwickeln die Helfer/innen Vertrauen und bekommen Dankbarkeit … und auch Erfolgsgeschichten, wie von dem Mann, der endlich wieder eine Wohnung hat, in der er auf Zementboden und mit einem Sessel lebt, bis „Neuss packt an!“ ihm hilft und zeigt, wo und wie man auch umsonst Möbel bekommt. Wer hätte das gewusst?
Wer mehr wissen und/oder mitmachen möchte, geht auf
www.neusspacktan.de oder auf Facebook.